Recherchen zu Nazistrukturen aus Hannover und der Region

Historische Entwicklung der extrem rechten Szenen zwischen Hannover – Schaumburg und Nienburg

Extrem rechte Strukturen und Netzwerke entstehen meist über Jahre oder gar Jahrzehnte. Einzelpersonen tauchen in der Öffentlichkeit auf und arbeiten aktiv politisch und verschwinden nach einigen Jahren wieder. Die Kontakte, welche sie in dieser Zeit geknüpft haben, bestehen jedoch genau so weiter wie ihr gefestigtes, menschenverachtendes Weltbild. Nicht erst der Mord an Kassels Regierungspräsidenten Walter Lübcke zeigt: Nur weil Neonazis nicht mehr öffentlich in Erscheinung treten, ist die Gefahr, welche von ihnen ausgeht immanent. Umso wichtiger ist es, die Entwicklungen der extrem rechten Szene aufzuzeigen und historische Entwicklungen und Strukturen offen zu legen.
Genau dies versuchen wir mit der Veröffentlichung dieses Artikels. Er bietet einen äußerst umfassenden Überblick der rechten Szene in der Region Schamburg, Nienburg und Hannover und teilweise weiteren angrenzenden Regionen und zeigt die dortigen Entwicklungen der letzten 20 Jahre.

Schaumburg – ein Blick in die Geschichte

Blickt man zurück auf die Zeit des Dritten Reiches, so findet man über die Region Schaumburg spätestens bei Artikeln über Bückeburg schon damals deutlich nationalsozialistische Tendenzen. In einem Schriftstück zur Stadtgeschichte 1 ist zu lesen, dass die Stadt eine NSDAP-Hochburg war, schon bevor die Nazis 1933 die Macht übernahmen. Weiter findet man heraus, dass der, bald auf den deutsch-nationalen Bürgermeister Wiehe folgende NSDAP-Bürgermeister Albert Friehe, sich dadurch hervortat, dass er politische Gegner*innen und Jüd*innen schärfer als anderswo verfolgen und drangsalieren ließ. 2 Am 9. November 1938 brannte in Bückeburg die Synagoge nieder und in den darauf folgenden Jahren wurden viele Jüd*innen und Andersdenkende deportiert.

Die Wurzeln der heutigen rechten Szene: 2000/01

Beschäftigt man sich mit der aktuellen Naziszene in Schaumburg, muss weit zurück geschaut werden, etwa in die Zeit der beginnenden 2000er Jahre, in der sich deutlich anwachsende Umtriebe der rechten Szene entwickeln.

Im Landkreis entstand um Rinteln herum die sogenannte „Nationale Aktionsfront“ (NAF), welche von Marcus Winter angeführt wurde, nachdem dieser aus dem Knast entlassen worden war. Die NAF profitierte davon, dass Winter im Knast deutlich politisiert worden war und diese Ideen nun mehr auf der Straße umsetzte: In ganz Schaumburg wurde viel Propagandamaterial verteilt, vor allem zahlreiche Rudolf Heß-Plakate. Unterstützung erhielten die Kameradschaftsnazis dabei vom Stützpunkt der „Jungen Nationaldemokraten“(JN) in Minden. Sie versuchten auch ihr inhaltliches Material an den Schulen zu platzieren. Nebenher stieg die rechte Gewalt in Schaumburg deutlich an. Menschen, die links aussahen oder vermeintlich Antifaschist*innen waren, aber auch Häuser und linke Orte wurden angegriffen, Fensterscheiben eingeworfen oder auf Fenster und Türen mit Zwillen geschossen. An einem Haus soll sogar ein Brandanschlag mit Molotow-Cocktails verübt worden sein.

Marcus Winter
Marcus Winter

Ruhiger wurde es erst, als dann auch ein Anschlag auf eine Nazi-WG in Steinbergen stattfand. Trotzdem haben die Nazis sich eine Infrastruktur im Landkreis aufgebaut, indem sie einige Kneipen regelmäßig besuchten und dort feierten, unter anderem das Steubers in Wiedensahl, und sich gemeinsam in Wohngemeinschaften trafen und betranken. Generell etablierten viele Jugendliche, die in dem Landkreis wohnten, zu der Zeit einen eher rechten Mainstream, sodass auch rechte Kleidungsmarken und Aufdrucke auf T-Shirts angesagt waren, und anpolitisierte Menschen in Kneipen und auf Veranstaltungen, z.B. auf Konzerten auf die organisierte rechte Struktur trafen. Diese Vorkommnisse blieben auch von der Bevölkerung in den Dörfern und Kleinstädten nicht unbeobachtet, es gab einige Initiativen und Runde Tische aus örtlichen Gruppen und Bürger*innen, doch die Polizei und der Staatsschutz handelten wenig. 3

Passend dazu fand laut Ankündigung auf einem Flyer 2001 ein Kameradschaftswochenende der JN in Schaumburg statt. Im September riefen die Neonazis gemeinsam mit Strukturen aus Bünde zu „Geländeübungen“ an den Extersteinen auf, dies fand unter Beobachtung durch den Staatsschutz statt, der dies als Orientierungsmarsch bezeichnete und nichts von Wehrsportübungen gesehen haben wollte. Des weiteren gibt es Fotos aus dem Jahr 2002 von einer großen Sonnenwendfeier im Landkreis Schaumburg.

Insgesamt wurde die rechte Szene im Weserbergland damit immer größer, die Mitgliederzahl betrug im Jahr 2001 ca. 50 Personen, die NAF entwickelte sich weiter und im Zeichen der damaligen Zeit wandelte sich die Gruppe in eine sogenannte Kameradschaftsstruktur mit neuem Namen:

Damals gründeten sich um eine Gruppe junger Neonazis in Rinteln die „Kameradschaft Weserbergland“ aus den Kadern der Freien Kameradschaften und der westfälischen Sektion von „Blood & Honour“ (BH), sowie ein Stützpunkt der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten«. An der Spitze der Kameradschaft stand schon damals Marcus Winter. Um Unterstützung von außerhalb musste er sich nicht sorgen. Kader aus dem nahen Ostwestfalen, darunter der Bielefelder Bernd Stehmann und Mitglieder der NPD Minden, leisteten ebenso Aufbauhilfe wie der damalige JN-Bundesvize Florian Cordes. Von Anfang an machten Winter und sein Gefolge wegen ihrer hohen Gewaltbereitschaft auf sich aufmerksam. Immer wieder gerieten sie mit Antifascht*innen aneinander. Die zuständige Staatsanwaltschaft bezeichnete das Ausmaß der Auseinandersetzungen in Rinteln als »herausragend für den norddeutschen Raum«.4

Florian Cordes in brauner Jacke
Florian Cordes in brauner Jacke

Spätestens ab 2002 ließen sich die Naziumtriebe in Schaumburg und dem angrenzenden Ostwestfalen, die beiden Regionen konnten damals nicht getrennt voneinander betrachtet werden, nicht mehr verschweigen:
„Trauriger Höhepunkt der Gewaltspirale kurz nach der Jahrtausendwende war die Entführung und Misshandlung eines Antifaschisten durch drei Neonazis im April 2002. Einer der Täter war Marcus Winter. Erst nach mehrmonatiger Flucht konnte er gestellt und zu einer längeren Haftstrafe verurteilt werden.“ 5

In der Nacht vom 20. April auf den 21. April 2002 überfielen und entführten vier Aktivisten der rechten Szene einen vermeintlich linken Jugendlichen. Inzwischen sind die drei Haupttäter auf der Flucht: Der Kreisvorsitzende der NPD Sandy Ossenkopp, der Kameradschaftsführer Markus Winter und der Nazischläger Michael Schönbohm. Ein Haftbefehl gegen die drei wurde erst nach einem Artikel der Schaumburger Zeitung über die Verschleppung des Opfers erlassen. Seitdem sind die teilweise wegen vorausgehender Gewalttaten mehrfach vorbestraften Neonazis abgetaucht.“ 6

Nach mehrmonatiger Flucht wurden die Täter im Januar 2003 schlussendlich verurteilt – Marcus Winter bekam eine Freiheitstrafe wegen Körperverletzung und saß in der JVA Hameln ein. Dort wurde er von der „HNG“ (Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V.) betreut und war aktiv in der „Kerkerkameradschaft Hameln“.

Nach dieser Gewalteskapade ist es in der Region erstmals wieder ruhiger geworden. Dennoch gab es nach dem erfolgreichen Blood & Honour-Konzert in Bad Eilsen 2001, welches der Polizei damals im Vorfeld bekannt war, diese es aber nicht verhinderte, zum Jahresende 2002 ein weiteres in Rinteln (Sleipnir und Nemesis). Laut verschiedenen Berichten und Artikeln soll dieses Konzert nicht in Rinteln sondern im Haus oder auf dem Gelände des inzwischen Verbotenen Vereins des „Collegium Humanum“ (CH) stattgefunden haben. Solche Konzerte in der Region sind nicht weiter verwunderlich, so gab es im Weserbergland und Westfalen eine zuvor sehr aktive und umtriebige Sektion der 2006 verbotenen Organisation „B&H„.

Im Sommer 2002 fand außerdem ein Naziaufmarsch mit 48 Teilnehmenden in Rinteln unter der Führung Christian Worchs statt. Angemeldet hatte den Aufmarsch Marcus Winter, der allerdings von den Behörden aufgrund seiner Vorstrafen als unzuverlässig eingestuft wurde und somit nicht am Aufmarsch teilnehmen durfte. Der Landkreis genehmigte die Demonstration mit Christian Worch als Anmelder im Nachhinein doch. So langsam wurde das Naziproblem der Region auch von den Parteien und Institutionen des Landkreises wahrgenommen.

Die Ruhe vor dem Sturm

Durch die Haftstrafe von Marcus Winter in Hameln ging der rechte Aktivismus in dem Ort 2003/2004 stark zurück. Wie erst wesentlich später herauskam, gab es 2003 allerdings einen ersten Eklat um den Staatsschutz in Schaumburg. So soll einer der Beamten damals bei einem Nationalen Fußballturnier der Gewinnermannschaft den Pokal überreicht haben.

Im Jahr 2004 machte dann ein weiterer Kader der Kameradschaft Weserbergland und Mitglied des damaligen Landesvorstands der JN Niedersachsen, Arwid Strelow, von sich reden. Bei einer NPD-Kundgebung im Niedersächsischen Rotenburg/Wümme schlug er einem Antifaschisten eine Holzlatte ins Gesicht, wofür er wegen gefährlicher Körperverletzung zu 11 Monate Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Er erbte im Schaumburger Dorf Lindhorst das Haus seiner Eltern, weshalb sich der Aktivitätsschwerpunkt der Schaumburger Neonazis von Rinteln und Steinbergen nach dort verlegte, da er das Haus zum gemeinsamen Wohnen zur Verfügung gestellt hatte.

Der auch in der JVA politisch aktive Marcus Winter war kein Außenseiter in der Haftanstalt. Seit 2000 saß in der JVA Hameln der damals 18 jährige Nazi-Skinhead Marco Siedbürger aus Eschede ein, der im Sommer 1999 gemeinsam mit einem Kameraden Johannes K. den Obdachlosen Peter Deutschmann in seiner Sozialwohnung getötet hatte und dafür eine fünfjährige Jugendstrafe wegen gemeinsamer Körperverletzung mit Todesfolge bekommen hatte. [I] Winter und S sich in der JVA kennen und gründeten dort die oben genannte Kerkerkameradschaft Hameln.

Marco Siedbürger
Marco Siedbürger

[I] Körperverletzung mit Todesfolge – Die Tat von Marco Siedbürger
„Der Obdachlose Deutschmann, der von der Gemeinde eine Sozialwohnung zugewiesen bekommen hatte, galt in Eschede als “Hippie”. Er kannte die Täter schon lange, war mit einem ihrer Väter befreundet und hatte sich schon mehrfach mit ihnen über ihre politischen Ansichten gestritten. Kurz vor der Tat hatte Deutschmann den arbeitslosen Marco Siedbürger und den ein Jahr jüngeren Gymnasiasten Johannes K. aufgefordert, “den Scheiß mit dem Skinhead-Gehabe” zu lassen. In Eschede war bekannt, dass Marco S. schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten war und wegen Körperverletzung und neonazistischer Propagandadelikte unter Bewährung stand. Peter Deutschmann bezahlte seine Auseinandersetzung mit dem Naziskinhead-Duo mit dem Leben.

Aus Wut über die Kritik an ihrem neonazistischen Auftreten und Einstellungen verschaffen sich die beiden Täter Zutritt zu Peter Deutschmanns Wohnung, treten und schlagen auf den schlaftrunkenen 44-Jährigen ein, misshandeln ihn mit Glasscherben. Sie zertrümmern seinen Kehlkopf und fügen ihm zahllose Schlag- und Schnittverletzungen zu. Um zu verhindern, dass Deutschmann Hilfe holt, zerschlagen sie das Telefon. Dann verschwinden sie. Das Opfer lassen sie stark blutend und schwer verletzt zurück. Als Nachbarn Stunden später die Hilferufe hören, kommt jede Rettung zu spät. Peter Deutschmann stirbt im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen. Das Landgericht Lüneburg verurteilt im Januar 2000 beide Täter wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu einer fünfjährigen Jugendstrafe; einen politischen Hintergrund will es nicht erkennen.“

Neue Höhepunkte für die Nazi-Szene in Schaumburg

Bis er (Marcus Winter) Anfang 2005 vorzeitig auf freien Fuß gesetzt wurde, war es relativ ruhig um die Szene geworden. Indem Winter der Kontakt zur Kameradschaft Weserbergland gerichtlich untersagt wurde, sollte dieser Zustand aufrechterhalten werden. Winters Engagement für die Neonaziszene blieb jedoch ungebrochen. Direkt nach seiner Haftentlassung boten ihm zunächst NPD und JN die Möglichkeit öffentlicher Auftritte. So trat er bei der Bundestagswahl 2005 als Direktkandidat für die Partei an (er erhielt bei der Wahl 1,5% der Erststimmen bei der Bundestagswahl 2005 im Wahlkreis Nienburg II – Schaumburg). Die Kameradschaft Weserbergland erklärte offiziell ihre Auflösung. Gleichzeitig wurde ein neues »Aktionsbündnis Weser-Leine« gegründet, so dass Winter sich auch wieder im Bereich der Kameradschaften organisieren konnte.“ 7

Das Aktionsbündnis Weser-Leine bestand aus den gleichen Nazis wie zuvor die KS Weserbergland und machte mit ihren Aktionen da weiter, wo diese aufgehört hatten. Zum 1. Mai 2005 unterstützten sie die NPD/JN Schaumburg bei ihrer 1. Mai-Demo in Bückeburg. 50 Nazis marschierten an dem Tag geschützt von 500 Polizist*innen gegen die Gegendemonstrant*innen durch Bückeburg. Der Ort der Endkundgebung des Naziaufmarsches wurde von rund 400 Gegendemonstrant*innen blockiert, die durch massive Polizeigewalt, vor allem gegen die größtenteils jungen Blockierenden, geräumt wurde. Im September fand dann in Rinteln und abermals in Bückeburg jeweils eine NPD-Kundgebung mit 30 Beteiligten zum Kommunalwahlkampf statt. Kurz darauf folgte eine ebenfalls von der NPD initiierte Mahnwache in Stadthagen. Im Verlauf des Jahres kam es zur Schändung verschiedener jüdischer Friedhöfe und dem russischen Gedenkfriedhof (Hattendorf und Rehren) in der Region durch Hakenkreuzschmierereien und andere NS-Symbolik.

In Lindhorst wurde die Nazi-WG um die Kader Arwid Strelow, Marcus Winter und Marco Siedbürger, die dort inzwischen alle zusammen wohnten, immer aktiver, wodurch sie sich auch bei den Bürger*innen Lindhorsts und den Nachbar*innen unbeliebt machten. Am Abend nach der Demo in Bückeburg mischten sich die Nazis mit ca. 10 Leuten unter das Maifest der Feuerwehr und gerieten mit einigen Bürger*innen aneinander, bis es schließlich zu körperlichen Übergriffen kam. Die Auseinandersetzungen gingen auch noch weiter, als sich Nazis in das Haus von Strelow zurückgezogen hatten. Die Gegner*innen drangen in das Gebäude ein und begingen mehrere Sachbeschädigungen, mindestens vier Beteiligte wurden verletzt, die Polizei war mit einigen Streifenwagen und sogar einem Hubschrauber im Einsatz. 8

Zum Abschluss des Jahres fand am 11. Dezember dann noch in Uchtorf bei Rinteln im Jägerhof das in Bad Essen (Nahe Osnabrück) durch die Polizei verbotene Nazikonzert statt. Die Nazis konnten ihre Veranstaltung unter Polizeischutz ins Schaumburger Land verlegen. Neben diesen Umtrieben in Schaumburg etablierte sich auch noch weitere Strukturen wie zum Beispiel die „Bürgerinitiative für Zivilcourage“ (BfZ) Schaumburg, um den auch im Blood & Honour-Umfeld aktiven Dirk Botterbrod aus Wiedensahl. Diese Struktur warb mit der „Förderung von Jugend und Familie, dem Schutz der Heimat und der Natur und der Pflege von Kultur und Brauchtum als Initiative für ein besseres Deutschland“. Auch in der Region war der Sitz des inzwischen verbotenen „Collegium Humanum“ (CH). ([II] Exkurs zu Collegium Humanum)

[II] Exkurs zum Collegium Humanum (CH):

Gebäudes des Collegium Humanum (Bildrechte: Antifaschistisches Infoblatt)

Das Collegium Humanum wurde 1963 von dem Nationalsozialisten und ehemaligen NS-Funktionär aus der Reichsleitung der NSDAP Werner Georg Haverbeck als „Heimvolkshochschule für Umwelt und Lebensschutz“ im ostwestfälischen Vlotho, direkt an der Grenze zum Landkreis Schaumburg gegründet. 1945 wendete sich Haverbeck der Anthroposophie zu und wurde damit einer bekanntesten rechten Ökologen. In den 70er Jahren galt er eher als linker und war sogar Berater des SPD-Ministers Egon Bahr. Passend dazu versuchte das CH in dieser Zeit auch noch die Bildungskreise außerhalb der rechten Szene zu erreichen. Dies änderte sich 1981. Damals gehört Haverbeck zu den Erstunterzeichnern des rassistischen Heidelberger Manifestes, in dem die „Überfremdung unseres Volkstums“ durch die Zuwanderer beklagt wurde. So verswundert es kaum, dass 1984 ein Treffen des „Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers“ in den Räumlichkeiten des CH stattfand. Ab dann fanden regelmäßig Veranstaltungen dort statt. Das Haus hatte Platz für bis zu 150 Personen und verfügte über rund 50 Betten. Der Trägerverein brachte zweimonatlich eine Zeitschrift heraus, die „Stimme des Gewissens“. Nach dem Tod ihres Mannes 1999 übernahm Ursula Haverbeck-Wetzel den Vorsitz des Vereins. Sowohl regional als auch bundesweit hatte das Haus für die Naziszene eine große Bedeutung: Vortragsveranstaltungen, Wochenendseminare, Tagungen, Konzerte und Schulungen fanden dort statt. Besucher kamen aus vielen Spektren, besonders auch die Bildungsschicht gehörte dazu, wie z. B. die NPD-nahe „Synergies Europeennes“, die Gesellschaft für freie Publizistik u.v.m. Bei einem Balladenabend mit Sleipnir und Nemeses kamen auch Anhänger und Organisatoren der 2001 verbotenen Blood&Honour-Bewegung. Im April 2001 veranstaltete die „Bielefelder Kameradschaft“ dort ein Seminar, auch Meinolf Schönborm (ehemals Bad Münder), ehemaliger Anführer der in den 80er/90er Jahren verbotenen „Nationalistischen Front“ (NF) lud im September 2005 zu einem Kameradschaftsabend. Seit 2003 gehörte der Holocaustleugner und ehemalige NPD-Anwalt und Antisemit Horst Mahler zu den ständigen Referent*innen im CH. Genauso wie der Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub. Der „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten“ (VRBHV), den die beiden mitgründeten und ihm gemeinsam mit Ursula Haverbeck vorsaßen veranstaltete die meisten Seminare dort. Damit war das Haus ein wichtiges Bindeglied zwischen der alten Generation teilweise wohlhabender und intellektueller Altnazis und den Neonazis-Skins in der Region Schaumburg und Ostwestfalen.
Seit den häufigen Aufenthalten von Horst Mahler und anderen Holocaustleugnern wurde das CH ein Sammelbecken für das „Who is Who“ der neonazistischen Geschichtsrevisionisten aus der ganzen Welt. Der Verein wurde unter anderem gegründet, um aus den Mitgliedsbeiträgen die Prozesskosten von Holocaustleugner*innen zu finanzieren. Der Höhepunkt der geschichtsrevisionistischen Aktivitäten um das CH war dann im November 2005 eine „Geschichtswerkstatt“ zur Holocaustleugnung, eine ähnliche Veranstaltung wurde 2007 besonders für 16.-25-Jährige wieder dort organisiert. Doch seit 2005 bekamt das CH massiven Gegenwind. Es gründete sich das „Vlothoer Bündnis gegen das Collegium Humanum“. An einer ersten Demonstration gegen das Nazizentrum beteiligten sich 800 Menschen. Ab 2007 wurden die politischen Stimmen gegen das CH immer größer und im Mai 2008 wurde es schlussendlich vom damaligen Bundesminister des Inneren  nach § 3 des Vereinsgesetzes verboten. Mit dem Verbot endeten zwar die beworbenen Veranstaltungen in Vlotho, doch schnell war eine Nachfolgeorganisation gebildet. Als diese wurde die 2010 ebenfalls von Schaub gegründete und in vielen Ländern Europas aktive „Europäische Aktion“ (EA) angesehen. Gegen diese wurden im Juni 2017 Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet, wie das Landeskriminalamt Thüringen mitteilte und weswegen die Behörden 14 Objekte vor allem in Thüringen und Niedersachsen durchsuchen lies, wobei u. a. auch Waffen und Waffenteile, sowie rechtes Propagandamaterial gefunden wurden.
Auch die Umtriebe der Holocaustleugner*innen wurden dadurch nicht weniger, Ursula Haverbeck-Wetzel ist wohl Deutschlands bekannteste Holocaustleugnerin und ist seit 2014 diverse Male erstinstanzlich wegen dieses Vorwurfs verurteilt worden. Nach mehreren Rechtsmitteln, war eines der letzten Urteile des Landgerichts in Verden Ende 2017 über 2 Jahre Haft ohne Bewährung vom Bundesgerichtshof bestätigt worden. Zuletzt hatte sie im Februar 2018 geplant an einem Balladenabend in Lingen teilzunehmen, hatte aber von der Polizei Herford eine Meldeauflage zugeschickt bekommen, damit sie daran nicht teilnehmen konnte, da man damit die „Anziehungskraft der Veranstaltung sowohl für Teilnehmer*innen als auch Gegner*innen“ zu verringern hoffte. Gegen diese Auflage widersetzte sie sich zunächst und verließ Herford, machte dann aber doch einen Rückzieher und melde sich pünktlich um 18 Uhr auf dem Polizeirevier in Herford.

Ein Neubeginn: Die Trauermärsche

Im Jahr 2006 ging es dort weiter, wo es im  vorherigen Jahr aufgehört hatte. Bei einer Infoveranstaltung über die Naziszene in Schaumburg in der „Alten Polizei“ in Stadthagen versuchten die Nazis in den Veranstaltungsraum einzudringen und diese zu stören, später versprühten sie CS-Gas und drohten mit Teleskopschlagstöcken. In diesem Jahr wurden die jüdische Gedenkstätte und der jüdische Friedhof in Obernkirchen durch Hakenkreuze und SS-Runen geschändet, und gleichzeitig Hess-Plakate verklebt.

Im Mai wurde das Aktionsbündnis Weser-Leine aufgelöst und ging nahtlos und ohne große Umbesetzung in die „Nationale Offensive Schaumburg“ (NOS) über. Die ersten Aktionen unter diesem Namen fanden in Bad Nenndorf statt. Diese Aktionen reichten den Kadern der NOS aber nicht aus und so beteiligten sie sich am nationalen Demojahr in Ostwestfalen und planten und organisierten die Demonstrationen und Aufmärsche dort zusammen mit den Kamerad*innen.

Marcus Winter 2007 vor dem Banner der „Nationalen Offensive Schaumburg“ (Bildrechte: attenzione-photo.com)
Marcus Winter 2007 vor dem Banner der „Nationalen Offensive Schaumburg“ (Bildrechte: attenzione-photo.com)

„Wichtige Funktionen hatten sie bei der Organisation des »Großkamptages« in Ostwestfalen-Lippe am 16.09.2006, an dem in drei Städten Bielefeld, Gütersloh und Minden (Anmerkungen der Autor*innen: Bielefeld; 150 Teilnehmende nach ca. 400m gestoppt, Gütersloh; 90 Teilnehmende nach ca. 800m gestoppt und Minden; 60 Teilnehmende nach ca. 200m gestoppt; am Abend fand dann eine antifaschistische Spontandemonstration in der Bückeburger Innenstadt statt) gleichzeitig »gegen Sozialabbau« aufmarschiert werden sollte. Es folgten weitere Aufmärsche in Minden, Paderborn, Herford und Detmold (Anmerkung der Autor*innen: und an Weihnachten 2006 abermals in Bielefeld, ca. 70 Teilnehmende, Aufmarsch musste frühzeitig abgebrochen werden). Das Zusammenwirken mit den ostwestfälischen Neonazis, allen voran die Freien Kräfte Gütersloh um Christian M., ist dabei so eng geworden, dass man heute (Anmerkung der Autor*innen: damals 2008) von einer zusammenhängenden Struktur sprechen kann, was sich nicht zuletzt auch im aktuellen Gruppennamen widerspiegelt.“ (Anmerkung der Autor*innen: neuer Gruppenname 2008: „Westfalen Nord“ (WeNo)) 9

Recht schnell beschäftigten sich die Nazis der NOS mit der Gründung einer Anti-Antifa-AG, wie es um 2005/06 vielerorts üblich war und kündigten an, aufgrund der „zunehmenden Gewalt- und Straftaten linkskrimineller Elemente eine Aufklärungskampagne über linksfaschistische Strukturen aus der Region zu starten.“ Dabei sollen Lichtbilder und Videomaterial öffentlicher Veranstaltungen und linksmotivierter Straftaten gezeigt und über Zusammenhänge aufgeklärt werden, so ein Beitrag auf der Homepage der Nationalen Offensive Schaumburg von 2007, datiert auf den 19.01.06.*

Zeitgleich wurden über das gesamte Jahr 2006 verschiedene Veranstaltungen in Schaumburg und im Auetal gegen die Umtriebe der Nazis nicht erlaubt, während die Nazis wie oben beschrieben weitestgehende Narrenfreiheit genossen haben. Ein „Rock gegen Rechts“ im Bernser Gemeinschaftshaus und Veranstaltungen mit einem Verweis auf die vielen rechten Schmierereien in der Region wurden von der Gemeinde und der Bürgermeisterin nicht genehmigt, da man „rechte Gegenaktionen befürchtete“ und „bei solchen Veranstaltungen daher die Sicherheit der Besucher der Veranstaltungen wie auch der angrenzenden Grundstückseigentümer ohne Einbeziehung der zuständigen Polizeidienststellen in einem größeren Rahmen kaum zu gewährleisten sei.“ 10

„Die Kontakte der Schaumburger Neonazis sind weitreichend. Besonders zu Gruppen aus Dortmund, Hamm und dem übrigen Ruhrgebiet wird ein enges Verhältnis gepflegt. So hielt auch das dort verbreitete »autonome« Auftreten der Kameradschaftsszene Einzug in Schaumburg. Mit dem noch bis vor kurzem üblichen Erscheinungsbild der Nazi-Skinheads wurde schnell gebrochen. Heute (Anmerkung der Autor*innen: damals zwischen 2006 und 2008) findet man die Schaumburger Neonazis bei Aufmärschen mitten im »Schwarzen Block«, hinter Transparenten mit Aufschriften wie »Wir rocken das System! «. Dabei wird kaum ein bedeutender Termin ausgelassen. Ob in Dresden, Halbe, Dortmund oder wie vor wenigen Wochen in Stollberg, die Schaumburger fehlen nirgendwo – oft laufen sie sogar ganz vorne mit. So auch bei dem bisher größten Event der »Autonomen Nationalisten«, dem Aufmarsch am 1. Mai dieses Jahres in Hamburg-Barmbek.Die dabei zutage getretene extreme Gewalt dürfte ganz im Sinne der »Nationalen Sozialisten« aus Schaumburg gewesen sein. Ein Blick in das Vorstrafenregister einiger Mitglieder lässt diesen Schluss zu.“ 11

Da Marco Siedbürger seit Mitte des Jahres wegen einer Liebe (seiner späteren Frau und der Mutter seiner Kinder, Jennifer F.) vermehrt im Landkreis Nienburg unterwegs war, wurde als Parallelstruktur zur NOS die „Nationale Offensive Nienburg“ (NO-NI) gegründet. Mit dieser Struktur, versuchten die Nazis auch kräftig nach Norden zu expandieren. Schnell wurden unter den NPD-Kadern aus der Region Nienburg Nils Fortmann (Betreiber der Seite der NO-NI) und Rene Bischoff (ex APPD – s. u.) Mitglieder des Landesvorstands der NPD Niedersachsen, zwei Anführer für den Ableger der NOS gefunden. Neben den beiden oben genannten Nazis waren in und um die NO-NI auch noch Jens Rathenow (später „Bauernopfer“ in einem Gerichtsprozess, damit  Marco Siedbürger nicht wieder eine Haftstrafe absitzen musste), Pascal „Leiche“ Becker (,der später nach Hannover zog und im Umfeld der FKHU und BH unterwegs war); Christian Hünecke (bekannt für eine riesengroße Hakenkreuzflagge in seinem Gartenhaus) und Julia Lauterbach (spätere Affäre und ständige Begleiterin von Marco Siedbürger, auch als er noch schon lange wieder in Haft war bei Gerichtsprozessen) aktiv.

Nils Fortmann
Nils Fortmann

III Kurzer Exkurs nach Nienburg und Verden um 2005/06
Die Expansion nach Norden war insofern nicht uninteressant, da es im direkt zwischen Nienburg und Verden liegenden Dörverden in der Zeit ab 2003 auch vermehrt zu Nazi-Aktivitäten gekommen war. So wurde der sogenannte Heisenhof, ein ehemaliges landwirtschaftliches Gut in der Ortschaft Barme der Gemeinde Dörverden, der später auch als Kaserne der Bundeswehr benutzt wurde, 2003 von der Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd., deren Gesellschafter der inzwischen verstorbene rechtsextreme Rechtsanwalt Jürgen Rieger  war gekauft. Das Gut war bis in den Herbst 2011 im Besitz dieser Stiftung. Neben Jürgen Rieger waren auf dem Heisenhof auch viele andere Nazis aktiv, darunter vor allen Dingen der Aktivist des JN-Stützpunkt Verden Matthias Schulz und sein treuer Gefolgsmann Daniel Fürstenberg ebenfalls aus Verden, mit guten Kontakten nach Nienburg und im gesamten Norddeutschen Raum (später auch zu Winter und Co –Schulz: er übernahm die Anmeldung der Trauermärsche in Bad Nenndorf für Marcus Winter). Nachdem damals bekannt wurde, dass Jürgen Rieger hinter dem Erwerb des Heisenhofes stand, gründete sich eine Bürgerinitiative, da befürchtet wurde, dass es zum Aufbau eines bundesweiten Schulungszentrums für Rechtsextremisten in Dörverden kommen könnte, so dass es in Dörverden mehrere Demonstrationen gegen die rechten Umtriebe auf dem Heisenhof gab. Die Nienburger Szene dagegen war vor allem eins: größenwahnsinnig: „Wenn Nienburg, Verden und Bremen fallen, fallen die letzten Kräfte der Antifa in Deutschland. Das soll unser Ziel 2006 sein„ diese Worte stammten entweder aus dem Munde eines Unwissenden oder Wahnsinnigen, letzteres ist der Fall: Diese Behauptung stammte von der Internetseite der selbsternannten “NPD-Nienburg”. Man möchte dieses fünf bis sechs Personen “schwache Grüppchen” nun nicht gerade ernst nehmen. Besonders nach hebräischen(!) Zitaten wie: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde und (die) NPD“.
So wurden auf der Seite, welche von Rene Bischoff aus Eystrup angemeldet wurde und von Nils Fortmann betreut wurde, Namen mehrerer Personen, teilweise mit vollständiger Adresse, veröffentlicht. Diese waren bald gezwungen sich als „Desinformierte der einzigen Alternative „Rechts“ an(zu)schliessen“. Im „Partei-Programm“ der Nienburger NPD wurde unter anderem gefordert: „Arbeitslager statt Gefängnis, Einführung der Todesstrafe, Einrichtung von Schutztruppen…“ Für die NPD-Nienburg waren „die Juden für alle Kriege der Welt verantwortlich“ – da wundert es auch nicht, dass auf der Internetpräsenz die vollständigen „Protokolle der Weisen von Zion“ nachzulesen waren! Dieses “Standardwerk des Antisemitismus” ist in der BRD verboten. Neben solchen antisemitischen Verschwörungstheorien, allerlei zusammenkopierten rechtsextremen Schriften und Links, fand sich auch eine Audio-Datei eines Vortrages vom Nazi-Anwalt Rieger über das Thema “Rasse und Rassismus” auf der Seite der NPD-Nienburg.
Stöbert man ein wenig in der Vergangenheit des Rene Bischoff fällt schnell der krasse politische Wandel dieses Mannes auf: Bei der Bundestagswahl 1998 kandidierte er für die APPD („Anarchistische Pogo Partei Deutschlands“) in Niedersachsen. Zu dieser Zeit war der 1978 geborene Bischoff selbst jahrelang als „erwerbslos gemeldet“ und vertrat die Meinung: „Arbeit ist Scheiße“. Wie unter anderem Fotos belegen, die Bischoff beim Landesparteitag der APPD 1998 zeigen, war Bischoff jahrelang als Punker, Kampfhunde- und Goa-Fan in Rotenburg unterwegs. Kontakte in die Naziszene hatte er wohl schon als “linker” Punker in Rotenburg, so lässt sich das Auftauchen in Neonazi-Kreisen mit dem Spruch der APPD erklären, welches Bischoff einst auf seinem T-Shirt trug: „Dumm und Glücklich!“.
Ähnlich sieht es bei Nils Fortmann aus: Dieser war im Kreis Nienburg eher auf Grund seines als “merkwürdig” geltenden „Käseblattes“ bekannt, das zum Teil mit verwirrenden Ideen und Inhalten gefüllt war. Dieses schwarz/weiß kopierte Faltmagazin legte er in der Nienburger Innenstadt aus. Zuletzt wurde lediglich der Brief des antisemitischen Präsidenten des Irans, Mahmud Ahmadinedschad, an George Bush abgedruckt.
Außerhalb des Internets war die NPD-Nienburg eher unscheinbar bzw. nicht existent. Desweiteren gab es neben der NPD im Nienburger Landkreis noch einige so genannte “Freie Nationalisten”. Im Januar 2005 griffen z.B. mehrere Neonazis erst einen jugendlichen Radfahrer in Nienburg an, um dann später eine Party von Jugendlichen zu stürmen, diese zu bedrohen und mehrere Personen u.a. mit Metallstangen zu verletzten!“

Zurück nach Schaumburg

Auch im Jahr 2007 machten die Nazis der NOS keinen Stopp. In der Silvesternacht auf das neue Jahr schändeten sie abermals den jüdischen Friedhof in Obernkirchen. Diesmal gab es allerdings eine große, öffentliche Kundgebung von Seiten der Zivilgesellschaft, um auf die Umtriebe aufmerksam zu machen. Rund 200 Teilnehmende zogen am 20.01.2007 durch die Kleinstadt, wobei eine sehr bedrückende Stimmung herrschte, auch in den Redebeiträgen.

Das neue Jahr war wieder von rechten Aufmärschen gekennzeichnet. Neben dem jährlichen Trauermarsch in Bad Nenndorf folgten Demonstrationen abermals in Minden (150 Nazis, gestoppt von 800 Gegendemonstrant*innen), Paderborn (2000 Menschen besetzten den angemeldeten Kundgebungsplatz der Nazis, diese mussten an den Bahnhof ausweichen), Herford (100 Nazis zogen erfolgreich durch die Stadt, 2500 Gegendemonstrant*innen gelingt keine Blockade), Nienburg (60 Nazis, 250 Gegendemonstrant*innen, die die Nazis bei ihren Kundgebungen massiv mit gammligem Obst und Gemüse bewerfen) und Detmold.

Weiterhin wurde in diesem Jahr der Skandal um den Staatsschutzbeamten und die Pokalübergabe bei dem Fußballturnier der Nazis 2003 (siehe oben) aufgedeckt. Der Beamte wurde versetzt (– in ein Kommissariat einen Ort weiter) und da dies noch nicht genug Skandal war, kam auch noch heraus, dass die Frau des Beamten den mehrfach verurteilten Nazikader Marcus Winter weiterhin in ihrer Speditionsfirma beschäftigt hatte.

Die Stimmen in der Zivilbevölkerung und der lokalen Politik, die ein Verbot der NOS (und angelehnt auch der NO-NI) forderten, wurden immer lauter, aber konkret wurde damals noch nichts. Immer wieder kam es zu Prozessen, Verurteilungen und Haftstrafen einzelner Akteure der regionalen Naziszene. Dennoch blieb der Kern der Gruppe aktiv. Im Februar kam es tatsächlich auch von Staatswegen zur Handlung gegen die Kader der NOS und NO-NI: „Seit dem 14. beziehungsweise 15. Februar sind die neonazistischen Internetseiten der Nationalen Offensive Schaumburg (NOS), der Nationalen Offensive Nienburg (NO-NI), der Jungnationaldemokraten (JN) und NPD Schaumburg, der „Kameradschaft Weserbergland“ und des „Weser Leine Infos“ gesperrt.“

In einem aktuellem Eintrag der NO-NI in einem einschlägigem Nazi-Forum heißt es dazu: “ … nicht genug das die Rechner beschlagnahmt wurden und der Oberstaatsanwalt am Rad dreht … nun ist auch noch unsere Seite gesperrt worden. “Hintergrund des Ganzen sind die Ermittlungen zu einem Schmähtext über Holocaust-Überlebende:
„Am 8. Februar hatten Staatsanwaltschaft Bückeburg und das Fachkommissariat Staatsschutz der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg die Wohnungen von Marcus Winter und Arwid Strelow (Schöttlingerstraße 14 in Lindhorst) sowie “bei einem der Mitglieder” … der “Nationalen Offensive Nienburg” (so die Selbstmitteilung im Internet) in Eystrup im Landkreis Nienburg/Weser durchsucht. Dabei wurden unter anderem mehrere Computer beschlagnahmt.“ 12

Die Durchsuchungen standen und stehen im Zusammenhang mit staatsanwaltlichen Ermittlungen über den Internet-Eintrag, der einen Schmähtext über Holocaust-Überlebende enthält: In dem Text “Holocaust-Überlebende fordern NPD-Verbot – Wann endlich verbietet man Holocaust-Überlebende?” vom 28. Januar werden Holocaust-Überlebende im NS-Sprachjargon als “Volksschädlinge” verunglimpft.

Verantwortlich für die Internet-Seite der NOS war Marcus Winter, für die der NO-NI Rene Bischoff. Die NO-NI hatte den Schmähtext zunächst unkommentiert übernommen (rechtlich gesehen ist es dabei völlig unerheblich, ob der*die Domain-Inhaber*in den Text selbst verfasst oder ins Internet gestellt hat). 13

Rene Bischoff
Rene Bischoff

Im Mai 2007 wurde Nils Fortmann dafür wegen Volksverhetzung zu 6 Monaten auf 3 Jahre Bewährung verurteilt. Der vorbestrafte Rene Bischoff, der eigentliche Betreiber der alten Seite und führende Kopf der Nationalen Offensive Nienburg, hatte die Verantwortung auf Fortmann gelenkt. Der NPD-Landesverband Niedersachsen distanzierte sich von den beiden Nienburgern.

„Marcus Winter wurde für den Schmähtext erstinstanzlich vor dem Amtsgericht Stadthagen am 19. März 2007 wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten ohne Bewährung verurteilt. „Während des Prozesses scheiterte Winter mit dem Versuch, die Verantwortung für die Veröffentlichung des volksverhetzenden Artikels auf seinen jungen “Kameraden” Jan Neumann aus Obernkirchen abzuwälzen. Das Urteil gegen Winter wurde jedoch Mitte November im Rahmen einer Revision, die Winters Anwalt Stefan Böhmer – selbst schon wegen Volksverhetzung verurteilt – eingelegt hatte, vom Oberlandesgericht Celle wegen eines Formfehlers kassiert. Das Verfahren muss jetzt vor dem Landgericht neu aufgerollt werden. “In der Sache indes hat das Revisionsgericht durchblicken lassen, dass eine Verurteilung wegen Volksverhetzung durchaus in Frage kommt”, berichtete die Schaumburger Zeitung vom 24. November 2007.“ 14

Nach einem Outing des nun in Husum (Landkreis Nienburg) wohnenden Kaders Siedbürger, worin enthüllt wurde, dass dieser eine Ausbildung zum Schlachter begonnen hatte, schreibt die Antifa OWL im September auf Indymedia folgendes: „In den vergangenen Monaten ist es immer wieder zu Übergriffen in Ostwestfahlen gekommen, die von der Kameradschaft um Marcus Winter, Marco Siedbürger und dem keineswegs ausgestiegenen Arwid Strelow organisiert und ausgeführt wurden. Wir sehen Siedbürger, Winter und Konsorten als wichtiges Bindeglied zwischen dem “Aktionsbündnis Nord” und dem “Aktionsbüro Westdeutschland”. Das “AB West” ist eine neonazistische Struktur, die die nordrhein-westfälischen Aktivitäten der “Freien Kameradschaften” koordiniert und für einen Großteil der Aufmärsche und Aktionen in NRW verantwortlich ist. Bei den vergangenen rechtsextremen Aktionen trat immer deutlicher die Schiene Hamm, Gütersloh, Schaumburg Nienburg Celle hervor. Seit sich vor wenigen Wochen die “Nationale Offensive Schaumburg”, beziehungsweise Nienburg mit den “Freien Kräften Gütersloh” zusammengeschlossen hatten und sich jetzt “Nationale Sozialisten aus Schaumburg und OWL” nennen, erschien es um so wichtiger auch überregional zu agieren, und die Drahtzieher*innen, die hinter heimtückischen Überfällen und ständigen Bedrohungen stehen, öffentlich zu machen. Es kann nicht sein, dass Neonazis in ländlicher Idylle versuchen ein ruhiges Familienleben zu führen und dann am Wochenende die “Sau rauslassen”, auf Aufmärschen Gegendemonstrant*innen bedrohen, Antifaschist*innen zusammenschlagen und, ihre volksverhetzenden antisemitischen Parolen grölend, durch die Straßen ziehen. Etwas makaber erscheint es uns vor allem, dass jemand der bereits ein Menschenleben auf dem Gewissen hat, nun von der Öffentlichkeit unbehelligt das Handwerk des Schlachters erlernt.“ 15

Der Zusammenschluss und die Umbenennung der NOS in Nationalen Sozialisten aus Schaumburg und OWL sollten einem von staatlicher Seite angestrebten Verbot der NOS zuvorkommen. Der Anführer und Hauptkader der Gruppe war wie auch schon vorher Marcus Winter. Die Nazis in Schaumburg und OWL schafften damit ein Paradebeispiel dafür, wie es den Freien Kameradschaften gelingen konnte, staatliche Verbote zu umgehen und diese sogar noch zu nutzen. Inzwischen berichteten aus Schaumburg nicht nur Antifaschist*innen, dass sie von den Nazis massiv bedroht und sogar angegriffen wurden, auch Journalist*innen und sogar Polizist*innen sollten immer häufiger eingeschüchtert worden sein. “Pfleiderer, du Judenknecht wir kriegen dich!” war an das Dienstgebäude des leitenden Oberstaatsanwaltes, der gegen die NOS prozessierte, geschmiert worden. 16       
Daraufhin ließ das Innenministerium verlauten, dass sie ein Verbotsverfahren gegen die NOS anstreben würden.

Insgesamt waren die Jahre 2006 und 2007 geprägt von besonders vielen und krassen Übergriffen in und um Schaumburg. Die Nazis bedrohten Leute aus jedem Bereich ihrer „Gegner*innenschaft“, besonders attraktiv waren Personen, die sich öffentlich oder auch im Kleinen gegen die Traueraufmärsche in Bad Nenndorf stellten. In der Regel pickten sie sich einzelne Akteur*innen oder Gruppen heraus und begannen massiv in deren Umfeld einzudringen, indem sie Drohschreiben aufsetzten, an den privaten Wohnorten oder am Arbeitsplätzen der Menschen aufkreuzten, Familienangehörige und Freund*innen einschüchterten und/oder die Leute im Dunkeln aus Autos heraus und in größeren Gruppen überfielen. Besonders getroffen hat es damals einen Antifaschisten aus dem Umfeld der „Alten Pauline“ und einen Mitwirkenden des örtlichen „Bündnisses gegen rechts“ in Detmold, eine Antifaschistin und ihr Umfeld aus Wunstorf, mehrere Antifaschst*innen aus Bückeburg und dem gesamten Landkreis Schaumburg und eben auch den Oberstaatsanwalt, der ein Beschleunigungsverfahren gegen Marcus Winter angestrebt hatte. Besonders gehäuft haben sich Übergriffe auf und nach öffentlichen Veranstaltungen, wie Stadtfesten oder ähnlichem, bei denen die Nazis in großen Gruppen auftraten und ihren Gegner*innen systematisch auflauerten. Außerdem begannen sie in den Nächten um den Trauermarsch mit Telefonterror bei diesen Menschen, die sich zu der Zeit besonders gegen die Auswüchse der Naziszene in Schaumburg und bei den Trauermärschen in Bad Nenndorf engagierten. Oft kam es aber auch zu körperlichen Angriffen und Überfällen auf das Umfeld oder die Betroffenen selbst und auch das Medium der „Outings“ mit Informationen über die Gegner*innen wurde regelmäßig benutzt.

Passend zu den Umtrieben in Schaumburg, gab es in Rinteln bis 2007 den Nazi-Tattooladen „Dark Image“, der von Frank Matthias betrieben wurde, welcher enge Kontakte in die Naziszene rund um die NOS und NO-NI hatte. Dazu schrieb das AIB 2006 folgendes:
„Das Tattoo-Studio in Rinteln ist mit einigen Bildern in den Tattoo-Books vertreten. Das B&H-Tattoo, das dem Sänger der B&H-Band Nemesis gestochen wurde, ist bis heute im Internet zu sehen. Die Website des Studios ist inzwischen auf Marco Martin, den Betreiber des rechten Black-Metal Labels Christhunt, angemeldet. Frank vom »Dark Image« Studio gehört nicht zuletzt durch seine offen neo-nazistischen Motive zu den auffälligsten abgebildeten »Künstlern«.“ 17

Auch das bekannte Tattoo an Marcus Winters Hals mit dem Strichmännchen, das auf einen Polizeiwagen pinkelt, hatte Frank Matthias damals gestochen und präsentierte es stolz auf seiner Internetseite. Auffällig geworden war Frank Matthias spätestens 2006, als er nach einem Aufmarsch am 25. Juni 2006 in Bad Nenndorf mit einem Morgenstern randalierend durch die Kleinstadt lief. Außerdem verhalf er Arwid Strelow zu einem Praktikumsplatz in seinem Laden, was diesen damals davor schütze, wieder hinter Gitter zu wandern, er bekam nur eine Bewährungsstrafe.

Eine gute Zusammenarbeit gab es auch immer mit dem Tattoostudio „Exkalibur“ in Bad Salzuflen, in dem damals u. a. der Sänger der Rechtsrock-Band Sleipnir als Piercer arbeitete. Dark Image wurde auch aufgrund der Proteste 2007 geschlossen.

Das Jahr 2007 endete mit einem bundesweit beworbenen Nazi-Konzert in Minden, dass mit dem Titel “Last chance to rock this year” angekündigt wurde. Laut Polizeiangaben feierten am Abend des 29.Dezember rund 250 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet zu den Klängen der bekannten Rechtsrock-Band “Weisse Wölfe” in der ehemaligen Gaststätte “Zur Friedenseiche” an der Stemmer Landstraße in Minden. Das Verhalten der Polizei steht später stark in der Kritik aus antifaschistischen Kreisen und dem Aktionsbündnis Minden gegen Nazis, da diese vorher gewusst haben soll, dass ein solch großes Konzert stattfinden sollte und weder Polizei noch Verwaltung etwas dazu veröffentlicht hatten. Dazu schrieb das Mindener Tageblatt am 31.12.2007: „Das Konzert, das der Mindener Polizei und den Bielefelder Staatsschützern zuvor bekannt war, ist nach MT-Informationen vor allem von zivilen Einsatzkräften beobachtet worden.“

„Die Rechtsrock-Band “Weisse Wölfe” ist den Staatsschützern nicht unbekannt. 1998 gegründet, fielen die Musiker dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz auf, weil sie den Nationalsozialismus auf dem Cover einer ihrer CDs mit Hakenkreuzen verherrlichten, sowie “gegen Demokratie und politische Gegner” agierten. Auch werde bei den Konzerten der “Weissen Wölfe” schon mal zu Sieg-Heil-Rufen die Waffen-SS besungen“, heißt es aus anderen Quellen. 18

2008 – ein neuer „Wandel“

Spätestens im Jahr 2008 lässt sich nicht mehr verschweigen, dass sich die guten Kontakte in das Ruhrgebiet im Auftreten der Nazis immer deutlicher bemerkbar machen: „Von dort hat man sich das vermeintlich “autonome” Auftreten der Szene abgeschaut. Der Internetauftritt der NOS war geprägt von pseudoautonomem Gehabe, abgebildet war zum Beispiel eine Grafik mit einem brennenden Polizeihelm, neben dem der Text “Die Zukunft entscheidet sich auf der Straße…” zu lesen war. Eben dort zeigt man sich heute mit Transparenten mit Aufschriften wie “Wir rocken das System” oder “Dem System den Stecker ziehen”. Inzwischen gilt die NOS als Vorreiter der “Autonomen Nationalisten” in Niedersachsen. Als die NPD am 15. September in Hannover ihren Wahlkampf für die 2008 anstehende Landtagswahl eröffnete, waren es die NOS und nordrhein-westfälische Neonazis, die sich mit ihrer schwarzen Kleidung deutlich vom Rest der Veranstaltung abhoben. Sie führten ein Transparent mit der Aufschrift “Marxismus verhindern” mit sich. Die Parole ist eine Anspielung auf den NPD-Generalsekretär Peter Marx, der als Kritiker der Zusammenarbeit der Partei mit den Autonomen Nationalisten gilt. In Niedersachsen hält das Bündnis aber vorerst. Der NPD-Spitzenkandidat Andreas Molau sucht bewusst die Nähe zu militanten Neonazis, die er als Wahlkampfhelfer einspannen will“. 19

Das Jahr 2008 beginnt auch ähnlich wie es 2007 endete. So berichtet die Antifa OWL auf Indymedia am 11.1.2008 abermals von einem geplanten Rechtsrockkonzert, organisiert von den Schaumburger Nazis:
„Erneutes RechtsRock-Konzert der Nationalen Offensive Schaumburg“. Nach dem Konzert vom 29. Dezember 2007 in Minden hat Marcus Winter für den darauffolgenden Samstag, 12. Januar, ein weiteres angekündigt. „Anbei eine Info zu einer größeren Fete im Februar. Veröffentlicht den Termin bitte NICHT in Foren oder sonstwo im Internet”, heißt es in einer Mail, welche derzeit kreuz und quer durchs Internet geschickt wurde. In der Mail wird man dann deutlicher “Konzert am 12.1. in Niedersachsen !!!” heißt es dort. Für nähere Informationen ist eine Telefonnummer angegeben. Diese ist aufmerksamen AntifaschistInnen schon lange bekannt, es ist die Nummer von Marcus Winter, einem der Führer der neonazistischen Nationalen Offensive Schaumburg (NOS). Dieser hatte schon am 29.12.2007 ein Konzert mit diversen Nazibands nahe Minden durchgeführt.“ (siehe Artikel „Neonazistische Erlebniswelt“ in Minden).

Die Polizei hatte ihre Untätigkeit damit begründet, dass es sich um eine “private Veranstaltung” gehandelt hätte. […]  Angekündigt sind die Bands Eternal Pride, Sense of Pride, Cherusker und Terroritorium. In letzter Zeit konnte die Nationale Offensive Schaumburg um Marcus Winter ihre Veranstaltungen fast ungestört durchführen. Die Polizei schauten wenn sie überhaupt vor Ort war, zu und begnügte sich mit der Versicherung der Veranstalter*innen, dass alles in Ordnung sei, und zog sich auf Aussagen, dass es sich um eine “private Veranstaltung” handele, bei der man nicht hätte eingreifen können, zurück. Es wird sich zeigen, ob die niedersächsische Polizei dem Beispiel der ostwestfälischen Beamten folgen wird und den Kuschelkurs weiterführt, oder ob Winter die Veranstaltung eventuell ins vermeintlich sichere Ostwestfalen verlegt. Gerüchten zufolge soll das Konzert in Hameln im Kino des Nazi-Staranwalts Jürgen Rieger stattfinden. Rieger hatte für 12.00 Uhr zu einer Mahnwache vor dem Kino aufgerufen. Anschließend sollte eine Veranstaltung im Gebäude stattfinden. Das Kino war wegen baulicher Mängel über lange Zeit nicht für Veranstaltungen nutzbar gewesen, sollte inzwischen aber renoviert worden sein. Ab 12.00 Uhr findet in der Deisterstraße in unmittelbarer Nähe des Kinos eine Gegenkundgebung statt.“

Dieses Konzert, dass nach der vom Nazi-Anwalt Jürgen Rieger gemeinsam mit der NPD Niedersachsen veranstalteten Mahnwache vor seinem heruntergekommenen Kino-Komplex in Hameln als „Neujahrsempfang“ stattfinden sollte, wurde verhindert. An den verschiedenen Gegenaktionen beteiligten sich insgesamt ca. 500 Menschen, davon bis zu 300 in direkter Nähe zur Nazi-Mahnwache“, so die Informationen auf dem Internetblog des „Antifa Infoportal Weser- Deister-Leine“ vom Januar 2008. 20

[IV]  EXKURS HAMELN – Rieger Kino 
Schon im Herbst 1999 hatte Jürgen Rieger auch in Hameln eine Immobilie erworben, nämlich das Gelände des Kinos in der Deisterstr. 20. In der Immobilie befanden sich damals neben Privatwohnungen, eine Fleischerei, ein Backshop und eine Gaststätte und eben das ehemalige City-Kino-Center. Die Stadt Hameln konnte den Verkauf des Geländes von den Voreigentümern Hans und Sabine Brockstedt an den Neonazi leider nicht verhindern. Unklar war immer, woher das Geld für den Kauf kam. Ein Kino passte gut in Riegers Immobiliensammlung, so hatte er doch mit dem Verein „Freundeskreis Filmkunst e. V“ (FFK) in geschlossenen Veranstaltungen bisher schon regelmäßig Nazi-Filme im Hamburger City-Kino in angemieteten Kinosälen gezeigt, teilweise Filme, die auf dem Index stehen. Im Jahr vor dem Kauf des Hamelner Kinokomplexes war dem FKK und in Persona Jürgen Rieger die weitere Nutzung des Gutshaus in Hetendorf mit dem „Heideheim e. V“ (Veranstaltungszentrum der ebenfalls verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ)) untersagt worden und die Vereine durch den damaligen Innenminister verboten worden. Bis 2008 hatte das Rieger-Kino trotz der regionalen Nähe noch keine so große Bedeutung für die Schaumburger und Ostwestfäler Neonazis. Doch das änderte sich mit der oben beschriebenen Konzert-Veranstaltung. Das Rechtsrock-Konzert fand dann schlussendlich in Hamburg statt. An dem Tag des nachgeholten Neujahrsempfang waren einige Bekannte zugegen, unter den Nazis, die die NPD-Veranstaltung in Hameln unterstützen waren: Daniel Fürstenberg, Matthias Schulz, Adolf Dammann, Bernd Stehmann, Sascha Krolzig (damals noch Hamm), Jürgen Niemeyer, Peter Hallmann, Daniel Bake und der Hausmeister des Kinos Sascha Jung. Der im Kino wohnende Hausmeister und ehemalige Kroatiensöldner Michael Homeister nahm nicht an der Mahnwache teil, sondern lungerte stattdessen in der Nähe der Gegenkundgebung herum. vgl.: antifa-hm-py.immerda.ch

Insgesamt wurde es für die Führungsriege der ehemaligen NOS 2008 langsam eng, fast alle waren von Haftstrafen bedroht, da mehrere Prozesse offen waren.
Marco Siedbürger wurde gerade vom Amtsgericht in Nienburg zu 18 Monaten Haft wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Auch in diesem Fall war eine Revision 2008 zwar noch wahrscheinlich, doch ermittelte die Staatsanwaltschaft damals schon akut wegen eines Überfalls auf zwei Jugendliche in der Region Hannover gegen den Neonazischläger. Trotz der vielen eingeleiteten Ermittlungsverfahren damals, es müssen 2008 ca. 50 gewesen sein, seit seiner Haftentlassung 2005, wurde Siedbürger aber auch gerade wieder innerhalb von einer Woche in drei Verfahren freigesprochen, u. A. wegen Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung.

Die dritte Schlüsselfigur der Schaumburger Neonaziszene, Arwid Christoph Strelow aus Lindhorst, sitzt bereits seit Anfang Oktober in der JVA Göttingen. Zwar kaufte ihm das Landgericht in Bückeburg seinen inszenierten Ausstieg aus der Naziszene ab, den er unter anderem mit einem Studienplatz an der Fachhochschule in Minden untermauern wollte, das Landgericht in Verden sah jedoch keine Veranlassung mehr, den Wiederholungstäter erneut mit einer Bewährungsstrafe davonkommen zu lassen und verurteilte ihn wegen einer Partyschlägerei zu elf Monaten Freiheitsstrafe. Außerdem wurden Strelows alte Bewährungen widerrufen, sodass sich seine Gesamtstrafe auf über zwei Jahre erhöhte.“ 21

Kurzerhand wurde die Führungsfigur aber einfach ausgetauscht – mit den Vorbereitungen für den 3. Trauermarsch in Bad Nenndorf wurde der Cottbusser Nazikader Christian Müller an die Spitze des neuen Schaumburger- und ostwestfälischen Zusammenschlusses gesetzt. Dieser zog ins Schaumburger Nienstädt und wurde für die Demo auch als „regionale freie Kraft“ als Redner  angekündigt. Es entstand damals eine enge Kooperation mit weiteren überregionalen Kameradschaften, unter anderem der „FK Gütersloh“ und „FK Höxter“. Die unzähligen Aufmärsche der letzten Jahre in der Region wurden nicht wiederholt, in Jahr 2008 schien der Fokus der Nazis mehr auf den 3. Trauermarsch gelegt worden zu sein.

Neben Christian Müller wurde auch Daniel Bake aus Ahlen in die regionalen Strukturen eingebunden, obwohl seine Hauptrolle im Videoclip “Terrorcrew OWL Bad Salzuflen 28” vor einiger Zeit noch für eine öffentliche Distanzierung bei Winters sorgte. Nun sollte er die lokalen und überregionalen Strukturen stabilisieren.

Daniel Bake
Daniel Bake

Nach einem juristischen Hin- und Her startete für Marcus Winter im Juli 2008 dann schlussendlich der Haftantritt in der JVA Bückeburg, zu den juristischen Auswüchsen in dieser Sache findet man auf hiergeblieben.de folgende Chronologie vom 14. Juli 2008 überschrieben mit „Haftantritt für Marcus Winter“:

„Sieben öffentliche Verhandlungstage, zwei Entscheidungen nach Aktenlage und fünf gerichtliche Instanzen hat es gedauert, den bis heute führenden Kopf der “Nationalen Offensive Schaumburg” (NOS), Marcus Winter, wegen Volksverhetzung zu verurteilen. Letztmalig am 10. Juni verwarf das Oberlandesgericht (OLG) in Celle die von Winter eingelegte Revision.Am 28. Januar 2007 wurde auf der damaligen Internetseite der NOS ein Artikel veröffentlicht, in dem Überlebende des Holocaust in nationalsozialistischer Diktion als “Volksschädlinge” verunglimpft und deren Nachkommen als “Mischpoke” bezeichnet wurden. Unter der Überschrift “Holocaust-Überlebende fordern NPD-Verbot – Wann endlich verbietet man Holocaust-Überlebende?” wurden Opfer verhöhnt und deren Leiden verharmlost. Der Text gipfelte in der Forderung “Schmeißt die Bande endlich raus”.
Am 8. Februar 2007 durchsuchten daraufhin die Staatsanwaltschaft Bückeburg und das Fachkommissariat Staatsschutz der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg die zu dieser Zeit von Arwid Christoph Strelow und Marcus Winter gemeinsam genutzte Wohnung in der Schöttlingerstraße 14 in Lindhorst. Dabei wurden zwei Computer als Beweismittel beschlagnahmt.
Bückeburgs leitender Oberstaatsanwalt Thomas Pfleiderer erhob innerhalb kurzer Zeit Anklage im so genannten “Beschleunigten Verfahren”, sodass es bereits einen Monat nach der Durchsuchung, am 8. März zum erstinstanzlichen Prozess vor dem Amtsgericht Stadthagen kam.
Dort wurde Winter am 19. März 2007 wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung verurteilt. Die IV. Kleine Strafkammer des Landgerichts Bückeburg hatte die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten nach zwei Verhandlungstagen mit Urteil vom 16. Juli 2007 verworfen. Dieses Urteil hatte das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 5. November 2007 wiederum wegen “erheblicher Formfehler” aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die III. Straf- und Berufungskammer des Landgerichts Bückeburg verwarf die Berufung von Winter nach drei Verhandlungstagen am 28. Januar 2008 erneut. Nach der Bestätigung des Urteils durch das OLG Celle, dem Widerruf zweier Bewährungsstrafen und der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe, lud die Staatsanwaltschaft Bückeburg den militanten Neonazi heute zum Haftantritt in die JVA Bückeburg vor.“
Bevor Winter die Haftstrafe antrat, wollte er noch einmal gebührend mit seinen Kameraden feiern, und so kündigte die Szene ein weiteres Konzert „bei Minden“ an. Das Konzert sollte in Rahden an der Grenze zu Niedersachsen stattfinden, doch der Wirt wollte seine Räumlichkeiten nicht an das umstrittene Klientel vermieten. So mussten die schon vorher angekündigten Musiker und die Gäste weitereisen und konnten schließlich in einer Tennishalle in Leopoldshöhe unterkommen. Die Neue Westfälische Zeitung schrieb dazu am 17.07.2008: „Nach NW-Informationen fanden die Freunde des Anführers der ostwestfälischen Neonazis im Besitzer einer ehemaligen Leopoldshöher Tennishalle einen bereitwilligen Vermieter. Also trafen sie sich dort in dem Industriegebiet, um den “Bitchbangern” zuhörten. Fotos auf einschlägigen Internetseiten belegen, wer an diesem Abend auch zum Mikro gegriffen hat: Marcus Winter selbst, dazu der ebenfalls als Neonazi bekannte Mindener Marco Siedbürger. 100 bis 150 Rechte seien beim Abschiedsfest für Winter gewesen, so Kriminalhauptkommissar Ulrich Buchalla, Kommissarischer Leiter des Staatsschutzes Bielefeld. “Gegen zwei Uhr war die Veranstaltung zu Ende – ohne Ordnungswidrigkeiten und Straftaten.” Unter anderem wurden alle geparkten Fahrzeuge kontrolliert.“ Auf einem Transparent im Hintergrund war an dem Abend auf der Bühne zu lesen „Porno Winter jetzt auch in deinem Knast.“ 22

Für den 1. November war ein weiteres Konzert in der Nähe von Stadthagen angekündigt, doch die Vermieter*innen verhinderten diese Veranstaltung in Schaumburg, sodass das Konzert schließlich in Sachsen-Anhalt stattfand.

Aus dem kurzzeitigen Zusammenschluss der Nazis aus Schaumburg und OWL entstand 2008 eine neue überregionale und festzusammenhängende Organisationsstruktur. Erstmals traten die Nazis unter dem Namen „Westfalen Nord“(WeNo) (in Bezug zu dem gleichnamigen Gau zur Zeit des Dritten Reiches). WeNo trat im Internet und bei ihrem Werbematerial generell nicht mehr im autonomen Stil auf, sondern gab sich einen deutlich völkischeren Anstrich und bezog sich viel auf die regionalen Denkmäler und Persönlichkeiten, die sowohl Regional- als auch NS-Bezug hatten. „Auf dem Banner der Seite befand sich ein deutscher Arbeiter vor einem fliegenden Adler, unter dem Schriftzug WeNo stand National und Sozialistisch.“ 23

Das Jahr war abermals geprägt von vielen Übergriffen auf sogenannte „Feinde“ und weiterhin wurden Lieder- und Schulungsabende für den Nachwuchs der Kameradschaft veranstaltet. Passend dazu findet man im Netz den ersten Auftritt mit einigen inhaltlichen Texten der „Aktionsgruppe Bückeburg“, gleichzeitig zu ersten Stickeraktionen dieser Gruppe und gemeinsamen Verteilaktionen derer Propaganda gemeinsam mit „Westfalen Nord“.

Neue Entwicklungen nicht nur in Schaumburg

Mehr oder weniger zeitgleich zur Umbenennung der Schaumburger Strukturen in WeNo und dem ersten Auftreten der „Aktionsgruppe Bückeburg“, tauchten auch in Hannover und dem Umland neue Strukturen auf. In Hannover gründete sich die Gruppe „Besseres Hannover“ rund um den schon lange bekannten Neonazi Marc Oliver Matuschewski und in Wunstorf war schon etwas früher die Gruppierung „Autonome Nationalisten Wunstorf“(ANW) um den Jungkader Christian Warnecke aufgefallen. Das regionale Bindeglied zwischen den beiden letztgenannten Gruppen war kurzzeitig auch im Zeitraum 2008/2009 die Gruppierung „Freie Kräfte Hannover Umland“ (FKHU), deren Mitglieder hauptsächlich aus Seelze und Letter kamen.

Marc-Oliver-Matuszewski
Marc-Oliver-Matuszewski

So war es nicht verwunderlich, dass sich in Wunstorf seit 2007/08 die An- und Übergriffe auf Antifaschist*innen und das Kultur- und Kommunikationszentrum „Wohnwelt“ weiter mehrten. So gingen Angriffe, die zuvor vor allem aus dem Umfeld der Nazis der NOS / WeNo verübt worden waren, nun ebenfalls von lokalen Nazis aus. Im November 2007 wurde einer Antifaschistin eine Flasche auf den Kopf geworfen, der Täter kam aus dem Umkreis der Nazis aus Seelze und wurde dank guter Zeug*innenaussagen 2008 verurteilt. Ein weiteres Urteil wurde 2008 für eine Tat aus 2007 gesprochen, bei der zwei linke Jugendliche verletzt worden waren: „Nach Überzeugung des Gerichtes hatten die sieben Männer die vermeintlich “linke” Jugendliche in Wunstorf mit zwei Autos zugeparkt sowie die Opfer mit Latten und einem Fleischerbeil bedroht. Des Weiteren wurde das Fahrzeug der Angegriffenen beschädigt.“ 24 Weiter heißt es:


„Zwei Verletzte – Verfahren eingestellt“     
Währenddessen ist ein Verfahren gegen den Neonazi-Schläger Marco Siedbürger sowie einen mutmaßlichen Komplizen von der Staatsanwaltschaft Hannover eingestellt worden. Die beiden hatten, so berichteten die Opfer, ebenfalls im Oktober 2007 in Wunstorf zwei Jugendliche angegriffen. Der zuständige Mitarbeiter des Staatsschutzes aus Hannover hatte noch im März auf redok-Anfrage bestätigt, dass Ermittlungen gegen zwei Neonazis wegen gefährlicher Körperverletzung liefen. Beide Angegriffenen wurden verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Nach vorliegenden Informationen hatte es sich bei dem zweiten Tatverdächtigen um ein Mitglied der Kameradschaft “Nationale Sozialisten Schaumburg” aus Rehburg-Loccum (Kreis Nienburg/Weser) gehandelt. Siedbürger zählt ebenfalls zu der militanten neonazistischen Kameradschaft, die als Nachfolge-Organisation der “Nationalen Offensive Schaumburg” angesehen wird.

Trotz der beiden Übergriffe durch Rechtsradikale auf Jugendliche im vergangenen Jahr hätten der Stadt Wunstorf keinerlei Erkenntnisse über eine rechtsextreme Szene im Ort vorgelegen, sagte ein Sprecher auf redok-Anfrage.“ Auch in Wunstorf wurde also zunächst das Erstarken einer lokalen Naziszene geleugnet und heruntergespielt. Dieses Vorgehen war ja aus Schaumburg schon seit dem Jahr 2000 bekannt. 24

Erneuter Wandel der alten Nazis

Westfalen Nord machte besonders durch Propagandaaktionen auf sich aufmerksam: „Kaum eine Woche vergeht ohne großflächige Verteilaktionen von Propagandamitteln. Thematisch bedient man sich größtenteils regionaler Ereignisse, die ideologisch gedeutet werden. Beispielsweise wurde eine lokale Einbruchsserie gezielt aufgegriffen und mit der Kriminalisierung von Ausländer*innen verknüpft (vgl. WeNo 2009a). Die Neonazis inszenierten sich dabei als Beschützer*innen potentieller Opfer: „[…]Nehmen Sie noch heute mit uns Kontakt auf und werden Sie aktiv, damit Sie und Ihr Eigentum endlich wieder sicher sind!“ (Westfalen nord 2010a). Die Leser werden aufgefordert Hinweise zur Ergreifung vermeintlicher Täter zu geben (vgl. WeNo 2010f): „Wir werden den deutschen Bürger so gut es geht unterstützen, notfalls auch selbst […] verstärkt Präsenz zeigen.“ (WeNo 2009c)

Auch gegenüber dem Staat inszeniert sich WeNo als Interessensvertreter des „deutschen Bürgers“. So skandalisiert die Kampagne „Die GEZ und Ihre Methoden. Wie können Sie sich am besten schützen?! Die Methoden der GEZ (vgl. Westfalen Nord 2010c). Auf der Homepage werden Informationen über Möglichkeiten der Freistellung von den GEZ-Gebühren veröffentlicht (vg. WeNo 2010e). Dies entspricht exakt dem vom „Aktionsbüro Nord“ entwickelten Konzept der „lokalen Verankerung“ (Speit 2004; S. 34). Demnach sei die Verbesserung der regionalen Organisationsstruktur zwecks lokaler Aktionsmöglichkeiten, als auch die Festigung von Kontakten über Parteigrenzen hinweg, deutlich erfolgreicher bezüglich Informationsvermittlung und Rekrutierung, als eine rein auf Demonstrationen fußende Bewegung (vgl. ebd; S. 34ff)“ 25

Daran lässt sich besonders gut erkennen, dass die Nazis in der Region, die im Prinzip mindestens seit Anfang des Jahrtausends in Persona immer gleiche oder ähnliche Akteur*innen waren, voll im Fahrwasser der bundesweiten Entwicklungen standen und diese voll auslebten. Zumindest auf ihrer Internetseite schafften es Winter und Co sich einen bürgernahen Anstrich zu geben. So schien es, dass sie es geschafft hatten, von ihrem Image als Sauf- und Prügelnazis wegzukommen. Doch betrachtet man, was damals auf der Straße passierte, zeigt sich ein altes und bekanntes Bild:

Schauen wir nach Wunstorf – neben den Angriffen, die in den letzten Jahren dort auf Antifaschist*innen rund um die „Wohnwelt“ von Seiten der Schaumburger und OWLer Nazis verübt wurden – erstarkte dort 2009 die lokale Naziszene der „AN Wunstorf“ und es war wenig verwunderlich, dass auch diese gute Kontakte nach Schaumburg hatten. Durch die regionalen Begebenheiten war diese Gruppe eben ein weiteres gutes Bindeglied zwischen den Nazistrukturen im Norden (Hannover, Celle und Bremen) und derer im Westen (Schaumburg und Ostwestfalen). So überraschte es kaum, dass bei einer großen Nazigeburtstagsfeier von Christian Warnecke, dem Kopf der „AN Wunstorf“ am 15. März 2009, sowohl Nazis aus Schaumburg, Nienburg, OWL und Hannover, sowie dem Umland anwesend waren. Diese Geburtstagsparty war der Ursprungsort für einen der massivsten Naziangriffe auf Antifaschist*innen in der Region Hannover in den letzten Jahren. Dazu schreibt die Antifa [rk] Wunstorf auf ihrer Seite am 20. März 2009 folgendes:

„In der Nacht zum 15.3. fand in den Räumlichkeiten des Jugendzentrums „Der Bauhof“ in Wunstorf eine Geburtstagsfeier mehrerer Jugendlicher, unter anderem eines Kaders der „Autonomen Nationalisten Wunstorf“ statt. Im Laufe des Abends sammelten sich dort unter den Augen der Polizei mehrere Dutzend Nazis aus der Region Hannover, Seelze, Schaumburg, Wunstorf und weiteren Gegenden. Gegen 0.00 Uhr bewegte sich eine Gruppe von 30-40 oben genannter Personen Richtung Bahnhof. Dort marschierten sie mit Hitlergrüßen und Parolen auf den Busbahnhof und bewegten sich energisch in Richtung des Kultur- und Kommunikationszentrums „Wohnwelt“. Die Polizei wusste anscheinend hierüber bereits Bescheid und versperrte der ankommenden Gruppe mit 2 Streifenwagen den unmittelbaren Weg Richtung Zentrum. Zur gleichen Zeit etwa begaben sich zwei Antifaschist*innen, welche von der Situation nichts wussten, durch den Bahnhofstunnel Richtung Busbahnhof. Beim Verlassen des Tunnels wurden sie sofort aus der Gruppe heraus attackiert. Diese hatte eine Art regelrechten Kessel um den Vorplatz und den Weg Richtung Wohnwelt aufgebaut. Beide Angegriffenen hatten keine Chance, der Situation noch rechtzeitig zu entkommen. Sie wurden umgehend zu Boden geschlagen und auf der Erde zusammengetreten. Eine der Personen wurde derart stark verletzt, dass sie noch vor Ort bewusstlos liegen blieb. Personen, welche sich in der Wohnwelt befanden, machten die anwesenden Polizeibeamten auf den Angriff aufmerksam. Diese reagierten geistesgegenwärtig und bahnten sich zu zweit einen Weg zu den am Boden liegenden Antifaschist*innen. Der mehrfach vorbestrafte Nazi Marco Siedbürger, erst kürzlich in Detmold zu einer Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung von 14 Monaten verurteilt, war einer der wenigen unvermummten Angreifer*innen und hörte erst auf, in die bewusstlose Person reinzutreten, als die heraneilenden Polizist*innen ihn davon abhielten. Beide Personen mussten mit Rettungswagen in das Neustädter Krankenhaus transportiert werden. Bereits vor Ort kümmerte sich ein Notarzt um die Verletzten. Im Zuge der daraufhin durch die Polizei eingeleiteten Fahndung nach den Täter*innen wurde Siedbürger festgenommen, allerdings kurz darauf wieder auf freien Fuß gesetzt. […]“26

Christian Warnecke (vorne links im Bild)
Christian Warnecke (vorne links im Bild)

Dass nur wenige Tage nach diesem massiven Angriff eine Razzia in der Wohnwelt von der Polizei durchgeführt wurde, die u. a. in Persona einer der zwei verletzten Personen von diesem Naziangriff galt, steht auf einem anderen Blatt, reiht sich aber in die Berichte über das Vorgehen gegen Antifaschist*innen durch die Staatsgewalt in Schaumburg in den letzten knapp 10 Jahren ein.

Diese Tat von Marco Siedbürger und den anderen Partygästen von Christian Warneckes Party im März 2009 wurde schlussendlich nach einem langen juristischen Hin- und Her und vielen Verhandlungstagen in der zweiten Instanz im November 2010 bezüglich Siedbürger selbst unter Strafe gestellt, dazu schreibt der Störungsmelder folgendes: „Tatmotiv: „Hass auf Linke

„Am Freitag verurteilte die Jugendstrafkammer am Landgericht Hannover den einschlägig vorbestraften und überregional bekannten 29-jährigen Neonazi Marco Siedbürger in einer Berufungsverhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung. Damit bestätigte sich das vor sieben Monaten gefällte erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Neustadt am Rübenberge. Am zweiten Prozesstag hatte das Gericht das Verfahren gegen den mitangeklagten 20-jährigen Neonazi Christian W. abgetrennt, nachdem er nicht zum Prozess erschienen war. In erster Instanz war er zu einer neunmonatigen Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden.

Am Abend des 15. März 2009 fand im städtischen Jugendzentrum „Bauhof“ in Wunstorf (Region Hannover) die Geburtstagsfeier eines lokalen Neonazis statt. Unter den Gästen befanden sich auch zahlreiche weitere Rechte.

Kurz nach Mitternacht zog eine etwa 20-30 köpfige Gruppe Rechter unter Rufen von Parolen wie „frei, sozial und national“ und „Hier regiert der nationale Widerstand!“ vor das selbstverwaltete Jugendzentrum „Wohnwelt“ am Wunstorfer Bahnhofsvorplatz. Dort traf die z.T. vermummte Gruppe auf zwei Besucher*innen der Wohnwelt. Sofort umringten sie eine damals 18-jährige Person. Mit den Worten „Jetzt kriegst du es so richtig!“ wurde die junge Frau zu Boden geschlagen. Dann traten mehrere Angreifer*innen so massiv gegen ihren Körper und Kopf, dass sie das Bewusstsein verlor. Ihr Begleiter, dem es gelungen war zu flüchten, kam der Betroffenen zu Hilfe und versuchte, ihren Kopf zu schützen. Dabei wurde auch er angegriffen und verletzt. Als sich die alarmierte Polizei näherte, flohen alle Angreifer*innen bis auf Marco S., der weiter auf die Ohnmächtige eintrat und dabei Todesdrohungen brüllte. Die Betroffene erlitt unter anderem eine Schädigung am Herzen, Kopfverletzungen sowie massive Schürfwunden und Prellungen. Dieser Angriff stellt lediglich den traurigen Höhepunkt eines massiven Bedrohungs- und Angriffsszenarios von Marco S. und anderen Neonazis gegen die heute 20-Jährige dar. So geriet sie aufgrund ihres Engagements gegen neonazistische Aktivitäten bereits 2007 ins Visier der rechten Schlägerkameradschaft „Nationale Offensive Schaumburg“. Seitdem war sie immer wieder telefonischen Beleidigungen, Bedrohungen und auch körperlichen Angriffen ausgesetzt – mit bis heute anhaltenden körperlichen und psychischen Folgen.

Wie bereits vor dem Amtsgericht verwickelten sich auch in zweiter Instanz die Zeug*innen aus der rechten Szene, denen eine Beteiligung an dem gezielten Angriff aufgrund der Vermummung der Täter*innen nicht angelastet werden konnte in deutliche Widersprüche – zum spürbaren Unmut des Vorsitzenden Richters Löhr. Die Kammer bewertete ihre Aussagen ebenso wie die zentralen Einlassungen des Angeklagten als unglaubwürdig, Löhr bezeichnete Marco S: im mündlichen Urteil als „scheinbar unbelehrbar“ und lobte die differenzierten Aussagen der als Nebenklägerin auftretenden Betroffenen. Nebenklagevertreter Sebastian Nickel kritisierte die Versuche der Verteidigung, den Angriff zu entpolitisieren.“ 27

Nach dem Angriff auf die Wohnwelt-Besucher*innen im März 2009 und der Razzia bei eben diesen und in der Wohnwelt danach gab es starke Kritik an der Verwaltung und Polizei in Wunstorf. Das ganze wurde in den Kontext der damals sehr krass erstarkten Naziszene in der Region Hannover gestellt.

Den Offiziellen ist das Thema unangenehm. „Mir wäre lieber, die Öffentlichkeit würde unsere Stadt mit anderen Dingen in Verbindung bringen“, sagt Wunstorfs stellvertretender Bürgermeister Felix Becker. Doch seit den Vorfällen in der Nähe des linken Jugendzentrums „Wohnwelt“ muss er sich immer wieder den Fragen zum Neonazi-Problem in seiner Stadt stellen.“ („Die Region ringt mit den Rechtsradikalen“- HAZ; 16.04.2009; Tobias Morchner) und weiter: „Nach dem Angriff der Rechtsextremen sieht sich die Stadtverwaltung mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht genügend gegen die Neonazis getan zu haben. Becker weist dies zurück. „Wir sind nicht auf dem rechten Auge blind“, beteuert er. „Wir werden versuchen, die Jugendlichen aus diesem Umfeld anzusprechen“, kündigt er an. Die Stadt sieht er jedoch nicht allein in der Pflicht: „In erster Linie sind Polizei und Justiz gefragt. Deren Vertreter halten die öffentliche Aufmerksamkeit im Moment für größer als die Schlagkraft der Gruppe. Die „Autonomen Nationalisten“ bestünden in Wunstorf zurzeit lediglich aus fünf Personen und rund zehn Sympathisanten, erklärt Frank Lochte, Leiter des Fachkommissariats Rechts- und Linksextremismus der Polizeidirektion Hannover. „Die Gruppe hat keine festen Strukturen. Es gibt lediglich die Internetseite und hin und wieder ein paar spontane Aktionen“, sagt der Beamte. Doch nicht nur in Wunstorf existiert eine aktive wachsende Neonazi-Szene. Egal ob in Langenhagen, Misburg oder Barsinghausen – regelmäßig ermittelt die Polizei gegen Personen aus dem rechten Lager. „Insgesamt stellen wir aber fest, dass es bei uns noch lange nicht so schlimm ist, wie beispielsweise in Verden oder im Harz“, sagt Frank Lochte.

In Seelze-Dedensen dient die Gaststätte „Zum Deutschen Hause“ jedoch seit Jahren Mitgliedern der NPD sowie militanten Neonazi-Gruppierungen als Treffpunkt. Dort soll auch mehrfach der „Stammtisch Nationaler Kräfte“ zusammengekommen sein. Die Treffen werden von den „Freien Nationalisten“ veranstaltet und dienen der Vernetzung der Neonazi-Aktivist*innen. Bei den Stammtischen, zu denen durchschnittlich 50 bis 100 Teilnehmer*innen anreisen, gibt es Vorträge und Diskussionsrunden, teilweise „mit Musikbegleitung“, wie es in der Szene heißt. So soll unter anderem die „nationale Liedermacherin“ Annett Müller in Dedensen aufgetreten sein. „Die letzten zwei Veranstaltungen, die in Gaststätten in der List und in Buchholz geplant waren, mussten jedoch vorzeitig beendet werden, weil die Wirtsleute etwas bemerkt und die Polizei informiert hatten“, erinnert sich Lochte“ 28

„Laut Einschätzung der Polizei und der Verwaltung stand all das auch im Zusammenhang damit, dass es am 1. Mai eine für in Hannover angemeldete Demonstration der Neonazis geben sollte, über deren Erlaubnis noch lange nicht entschieden war. Die Entscheidung wurde erst wenige Tage vorher getroffen und der Aufmarsch in Hannover verboten, sodass am 1. Mai 2009 große Gruppen von Neonazis mit dem Zug durch Norddeutschland fuhren. Ein spontaner Aufmarsch fand z. B. im niedersächsischen Rotenburg/Wümme statt. Doch die Nazis aus Wunstorf und der Region Hannover waren bei diesem norddeutschen Aufmarsch nicht dabei, sie reisten gemeinsam mit den Kamerad*innen aus Schaumburg und OWL nach Dortmund zum großen 1. Mai-Aufmarsch der Rechten. Dort wurde eine Maikundgebung des DGB brutal angegriffen. Auf Fotos, die die Tat belegen, finden sich auch 3 Mitglieder der AN Wunstorf aus Wunstorf und Seelze. Die Polizei in Dortmund bestätigt, dass von den Angreifenden 14 Nazis aus Niedersachsen kamen. In der Gefahrenprognose der Polizei, die zum Verbot des Aufmarsches am 1. Mai in Hannover führte, „hatte Polizeipräsident Uwe Binias die AN-Wunstorf explizit im Zusammenhang mit möglichen Gewalttaten genannt. Die Rechtsextremen waren am 1. Mai mit dem Zug in Richtung Dortmund gefahren und hatten sich unterwegs mit den Schaumburger Rechtsextremisten getroffen.“ 29

Dortmund 2009 – rund 300 Neonazis greifen die 1. Mai Kundgebung an
Dortmund 2009 – rund 300 Neonazis greifen die 1. Mai Kundgebung an

Das alles zeigt welche Bedeutung die Nazis aus Wunstorf und Schaumburg, sowie der Region Hannover in diesen Jahren hatten.
Neben diesen Ereignissen von überregionaler Bedeutung, gab es auch in Wunstorf immer wieder andere Veranstaltungen von Rechten, so fanden z. B. 2008 und 2009 mehrere Böhse-Onkels-Partys in der damaligen Kneipe „Uncle Sam‘s“ statt. Diese Kneipe stand damals unter Beobachtung durch Antifaschist*innen und der Polizei/dem Staatsschutz. Bei einigen Veranstaltungen traten einige einschlägig bekannte Nazikader auf, so z.B. der Gründer des verbotenen Neonazi-Netzwerks Blood&Honour. Das „Uncle Sam’s“ wurde damals von dem jetzt noch als Nazi auftretenden Marc Jekat betrieben, der inzwischen nicht mehr in Steinhude sondern in Barsinghausen wohnt und dem rechten Rockerclub „Nordic 12“, ehemals „Brigade 8“ angehört.

Marc Jekat
Marc Jekat

Im September 2009 eröffnet dann im Schaumburger Dorf Beckedorf ein neues Tattoostudio: „Out of Dark“ – der Betreiber, Frank Matthias, war ganz und gar kein Unbekannter. Vor dem neuen Laden direkt unter der Wohnung des Betreibers standen schon Wochen vor der offiziellen Eröffnung regelmäßig die Autos von bekannten Größen der regionalen und überregionalen Neonazi-Szene, wie z.B. den NPD-Kadern aus Verden. Auch das bekannte Winter-Tattoo zierte wieder die Internetseite. 30

Festigung neuer lokaler Strukturen

Ein neuer Webauftritt machte 2010 in Bückeburg auf die „Autonomen Nationalisten Bückeburg“ (ANB) aufmerksam. Diese sind aus der Aktionsgruppe Bückeburg hervorgegangen. Schon im ersten Jahr schienen zu der Gruppe mindestens 15 gefestigte, aber sehr junge Mitglieder zwischen 15 und 19 zu gehören. Schnell gab es weitere 15 Mitläufer*innen im Umfeld der Gruppe, da diese eine massive Rekrutierung an den Bückeburger Schulen, besonders an der damaligen Herder Realschule (jetzt Oberschule Bückeburg) durchführten. Auf der Internetseite von WeNo wurde im Sommer ein Video veröffentlicht: “Flagge Zeigen!“. Auf diesem war ein Auto zu sehen, dessen Fahrer sowie wahrscheinlich auch die Mitfahrer den ANB angehörten. Die Mitglieder der ANB waren auf Nazidemos zu sehen und vernetzten sich nach und nach in alle Richtungen. Zwischenzeitig bildete sich sogar eine eigenständige „Mädelsgruppe“ in diesem Zusammenschluss. Ab August häuften und verschärften sich in Bückeburg die Übergriffe und Körperverletzungen auf alternative und antifaschistisch aktive Jugendliche, bis hin zu Morddrohungen. 31 (Auf alle einzelnen Aktionen und Übergriffe kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden)

Nach dem Trauermarsch 2010 – versuchter Nazi-Angriff

„Nach dem Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf, welcher durch verschiedenste Formen des antifaschistischen Protestes gestört und verkürzt wurde, versuchten circa 40 der “friedlichen Trauermarschteilnehmer”, das Kultur- und Kommunikationszentrum “Wohnwelt” in Wunstorf anzugreifen. Gegen 22.00 Uhr, nachdem die in Minden von den Nazis angedrohte Demo um 20.00 Uhr nicht stattgefunden hat und die Faschisten um Marcus Winter “nach Hause” geschickt worden sind, bemerkten Personen, welche sich vor dem Kultur- und Kommunikationszentrum “Wohnwelt” in Wunstorf befanden, wie mehrere Autos in rasantem Tempo auf den gegenüberliegenden Deutsche Bahn-Parkplatz fuhren.

Man konnte beobachten, wie aus jedem Auto mehrere Personen mit Gegenständen in den Händen ausstiegen und sich ins Dunkel der weiter hinten liegenden Bäume verzogen. Innerhalb weniger Minuten kamen noch mehrere Autos hinzu, die Anzahl wuchs auf geschätzte 9 bis 10 Fahrzeuge, aus denen jeweils mehrere Personen ins Dunkel gingen. Sie leuchteten sich gegenseitig mit Taschenlampen an und die Gruppe wuchs auf eine erhebliche Anzahl an. Einige der Personen schienen vermummt und mit länglichen Gegenständen bewaffnet. In Anbetracht der Tatsache, dass sich zu benanntem Zeitpunkt nur etwa 15 Personen in dem Autonomen Zentrum befanden und dieses bereits im März 2009 Ziel eines Angriffs von Neonazis geworden ist, bei welchem zwei Personen erheblich verletzt worden sind, entschlossen sich die Verantwortlichen, die Polizei zu verständigen        .

Als dann ein Streifenwagen mit Blaulicht auf den Vorplatz des Zentrums fuhr, zerstreute sich die Gruppe auf dem Parkplatz schlagartig, überall gingen Autolichter an und mehrere Fahrzeuge rasten in verschiedene Richtungen davon. Während die PolizistInnen ausstiegen, hörte man auf einmal einen lauten Knall. Sowohl Polizei als auch Wohnwelt-BesucherInnen rechneten damit, dass ein Schuss gefallen sei. Die BeamtInnen griffen sofort zu ihren Waffen und rannten in die Richtung. Es stellte sich jedoch heraus, dass lediglich ein von den Nazis gezündeter Böller explodiert war.

Inzwischen waren mehrere Polizeiwagen angekommen und durchsuchten die Umgebung nach weiteren Fahrzeugen der Nazis. Augenscheinlich konnten 2 Fahrzeuge samt Insassen von den PolizistInnen festgesetzt werden.

Wie “friedlich” die Neonazis sind, welche in Bad Nenndorf am Mittag des benannten Tages marschiert sind, zeigt dieser zum Glück vereitelte Angriffs-Versuch auf ein Jugendzentrum wenige Kilometer von Bad Nenndorf entfernt. Auch Nazis “im Anzug” (oder in weißen Hemden) sind und bleiben Nazis, Gewalttäter, Menschenverachter. In Bad Nenndorf und überall: Nazis entgegentreten! Auf allen Ebenen, mit allen Mitteln!“ 32

Damit nicht genug an Naziangriffen 2010 in der Region; „wie verschiedene Medien berichten, gab es in der Nacht vom 27. auf den 28. November einen Angriff von einer Gruppe Neonazis auf den „Hamburger Hof“ in Minden. Die Kneipe gilt als Treffpunkt für alternative Jugendliche. Den Berichten des WDR und Radio Westfalica zu Folge, stürmte eine größere Gruppe vermummter Personen eine Reggae-Party im Hamburger Hof am Königswall und zerschlug die Einrichtung. Ein Partybesucher wurde geschlagen und verletzt. Bei der Aktion wurden „volksverhetzende“ Parolen gerufen. Die Täter_innen konnten entkommen. Der Bielefelder Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen“.

Diese Tat war besonders, denn sie kam aus dem Umfeld eher lose organisierter Nazis mit Kontakten zur damaligen NOS und war wegen der Lage der Stadt Minden zwischen Bückeburg und Bielefeld besonders brisant. Über die Tat wurde 2013 vor dem Landgericht Bielefeld verhandelt. “Wegen eines Überfalls auf eine Gaststätte im ostwestfälischen Minden vor über zwei Jahren sind sieben Neonazis vom Landgericht Bielefeld zu relativ niedrigen Strafen verurteilt worden. […]. Das Gericht verurteilte den 31-jährigen Haupttäter Andre B. aus Minden zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung wegen Körperverletzung, gemeinschaftlicher Sachbeschädigung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Der Richter sah es als erwiesen an, dass B. einen dunkelhäutigen Gast niedergeschlagen, die Einrichtung der Kneipe beschädigt und “Heil Hitler” gerufen hatte. Sechs weitere Männer wurden wegen Sachbeschädigung zu Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe verurteilt. Das Verfahren gegen einen 22-jährigen aus Bielefeld wurde gegen eine Geldauflage eingestellt.“ 33

Konzertbusiness – der neue Trend

Marcus Winter kam im April 2010 nach ca. 2 Jahren aus der Haft und fand in Schaumburg eine junge Struktur vor, während die Kader der alten Strukturen noch teilweise in Haft saßen oder nicht mehr direkt in Schaumburg sondern mehr in OWL wohnten. So verwunderte es kaum, dass sehr schnell gemeinsame Aktionen auf der Internetseite von WeNo gemeinsam mit den ANB zu finden waren. Schon im Dezember 2010 sollen bei dem von Marcus Winter organisiertem KC-Konzert in Vechelde (LK Peine) die jungen Nazis der ANB den Shuttleservice übernommen haben. Nachdem Winter gerade einmal knapp 2 Monate aus der Haft entlassen worden war, hatte er im Juni 2010 ein großes Rechtsrockkonzert (12 Golden Years, Sturmtrupp, Sturmwehr, Strong Side, Alte Schule, Oidoxie und Endless Pride) in Eschede (LK Celle) auf Hof Nahtz, auf dem Gelände von Jürgen Nahtz, organisiert und nur einen Monat später veranstaltete er im Ostwestfälischen Scharmede bei Salzkotten ein Konzert mit der Bremer Nazi-Hool-Band „Kategorie C“(KC). Später im Jahr konnte der Homepage von KC entnommen werden, dass diese ein weiteres „letztes großes KC-Konzert in diesem Jahr“ für den ersten Weihnachtsfeiertag im Umkreis Hannover angekündigt hatten. Obwohl Antifaschistinnen aus Hannover und der Region im Vorfeld möglichst viele potentielle Vermieter*innen von Festsälen und anderen Veranstaltungsräumen angeschrieben und informiert hatten, konnte das Konzert am 25.12. im Ostniedersächsischen Valstedt bei Vechelde zwischen Braunschweig und Salzgitter stattfinden. Organisator war auch hier Marcus Winter. Damit schwenkte er mit seiner Aktivität deutlich um und stieg von da an immer weiter in die Organisation von Musikveranstaltugen ein. Kenner*innen der Szene vermuteten, dass er und die Organisatoren der Trauermärsche in Bad Nenndorf damit versuchen wollten, Geld für die Aufmärsche (und ggf. Strafen) zu akquirieren.

Passend dazu wird schon im Frühjahr des Jahres 2011 dank Recherchen von niedersächsischen Initiativen gegen Rechts klar, dass Marcus Winter für den 25. Juni abermals ein konspirativ organisiertes Konzert mit der Rechtsrockband KC mitten in Wunstorf plante. Das Konzert sollte im „Wunstorfer Festsaal“ in der Nähe des Bahnhofs stattfinden. Nach einem öffentlichen Artikel auf der Seite des Antifa Infoportal Weser/ Deister / Leine zum geplanten Konzert und dem Hintergrund des Organisators berichtet auch bald der Störungsmelder der ZEIT ONLINE darüber („Konspiratives Rechtsrock-Konzert bei Hannover geplant“, vom 16. Mai 2011) und erwähnen in dem Artikel auch über die hitzige Zeit in Wunstorf von 2006 bis 2009 rund um die Wohnwelt. Durch die Öffentlichkeitsarbeit konnte das KC-Konzert in Wunstorf verhindert werden und fand stattdessen am 2. Oktober in Bakede bei Lauenau (Region Hannover) in der Gaststätte Stern statt.

Für den Juli 2011 war ein weiteres Rechtsrock-Großevent angekündigt: Oliver Malina (Ex-B&H, Führungskader von „Honour & Pride“ (H&P) plante gemeinsam mit Marcus Winter ein Konzert unter dem Namen „Transatlantik Linie“ in Nienhagen:
„Mit einer Band aus den USA, einer aus Großbritannien und drei deutschen Bands versuchen die Veranstalter_innen ein internationales Line-up zu präsentieren. […] Laut Internetauftritt sollen die Einnahmen des Konzertes angeblich für die Demonstration in Bad Nenndorf dienen. Dort werden alljährlich durch Neonazis deutsche Täter zu Opfern deklariert, indem sie mit mehreren hundert Kameraden durch den Kurort ziehen.“ 34

Oliver Malina 2014 bei einer Rechtsrockveranstaltung in Nienhagen (Bildrechte @dokurechts)
Oliver Malina 2014 bei einer Rechtsrockveranstaltung in Nienhagen (Bildrechte @dokurechts)

In Bückeburg sorgten die Jungnazis 2011 dafür, dass einige alternative Jugendliche und Antifaschist*innen schon davon sprachen, dass die Innenstadt, rund um das Wohnhaus zweier Akteure der ANB zu einer nationalbefreiten Zone geworden ist. Zwischenzeitlich kam es fast täglich zu Drohungen und Angriffe auf Andersdenkende. Wohnhäuser von Antifaschist*innen und deren Eltern wurden angegriffen, die Scheiben eingeschmissen oder mit Stahlkugeln eingeschossen und Autos entglast. Es wurden Jugendliche mit vollbesetzten Autos von Nazis durch die Straßen gejagt, es gab Drohanrufe und alternative Jugendliche wurden an ihren Treffpunkten am Jugendzentrum aufgelauert und aus dem Auto bedroht. In Bückeburg und in Dörfern und Kleinstädten (Rinteln, Stadthagen, Obernkirchen, etc.) drumherum wurden tausende Aufkleber verklebt, die Nazis beteiligen sich an verschiedenen überregionalen Propaganda-Aktionen wie der „Hess-Aktionswoche!“ und begannen mit „Anti-Antifa-Arbeit“, indem sie Antifaschist*innen beobachteten und auch abfotografierten. 35

Kenner der Szene berichteten, dass der Bückeburger Gruppe mit Umfeld derzeit ca. 50 Mitglieder angehörten. Ihre Rekrutierung und die Aktionen weiteten sich immer weiter auf den gesamten Landkreis und teilweise auch darüber hinaus aus. So tauchten die Bückeburger z. B. auch mit den jungen Nazis, die sich in Barsinghausen zusammengefunden haben eben dort auf. Obwohl es an einem Abend schon ein Zusammentreffen von Rechten und Linken in Bückeburg gegeben hatte, fuhren die Nazis nach Barsinghausen weiter und jagten dort gemeinsam mit den Barsinghäuser Nazis drei Falkenkeller*-besucher (Falkenkeller: ehemaliger alternativer Jugendtreff in Barsinghausen) am Bahnhof bis auf die Gleise, die Jugendlichen wurden beschimpft und bedroht. Die angerufene Polizei erwischte noch 3 von 5, mit Nazis vollbesetzen Autos und kontrollierte die Insassen und fand in den Autos Teleskopschlagstöcke, Sprühdosen und einen Gegenstand in der Form einer Pistole. 36 

Drahtzieher der Aktion soll der aus Stadthagen kommende Dan Bittner, ein Gründungsmitglied der ANB mit engem Kontakt zu Marcus Winter gewesen sein. So überraschte es nicht, dass auch in Wunstorf die Nazis der ANB kurze Zeit später auftauchten und somit zusammenwuchs, was zusammengehörte: Bei einer Demonstration zum Erhalt des Infoladens in der Wohnwelt am 26. März 2011 gab die Polizei der Anmeldestruktur der Wohnweltdemo plötzlich bekannt, dass die Nazis der ANW eine spontane Gegendemonstration angemeldet haben und in Begleitung der Polizei auch laufen dürften. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass „der überwiegende Anteil der Nazis aus dem Bereich Schaumburg kam.“ 37

Die Teilnehmer*innen sollen sich überwiegend unkooperativ verhalten haben und dann auch noch das verbotene Horst Wessel-Lied angestimmt haben, weswegen ein Strafverfahren eingeleitet wurde, bei welchem sich Jahre später in Bückeburg vor dem Landgericht auch Dan Bittner für die Tat verantworten musste. Auch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wurde gegen die Gruppe eingeleitet, da die Demonstration nicht ordnungsgemäß angemeldet wurde. Man hätte aus dem Grund der spontanen Anmeldung, die Demonstration auch vor Ort nicht genehmigen können, so sieht es das Niedersächsische Versammlungsgesetz vor, doch davon machten die Beamt*innen keinen Gebrauch sondern hoffierten die Nazis durch Wunstorf, was sich so schön in die Jahre und das Verhalten der Polizei einreihen lässt.

Dan Bittner
Dan Bittner

Die Gruppe der Nazis in Wunstorf um Christian Warnecke benannte sich im laufenden Jahr um, so wurde aus den ANW die Gruppe „Widerstand Wunstorf“ (WW). Die Gruppen ANB, WW und BH rückten in der Region Hannover und Schaumburg immer näher zusammen und starteten viele gemeinsame Aktionen. Bei einer der sogenannten „Die Unsterblichen“-Spontandemonstration in Hannover Kleefeld im Juni 2011 traten u. a. Akteure aller 3 Gruppen gemeinsam auf. Vermutlich nahm sogar Marcus Winter daran teil, der zuvor immer weniger in der Öffentlichkeit aufgetreten war.

[V] Exkurs zu den „Unsterblichen“
Die “Unsterblichen” waren keine feste Gruppe. Vielmehr handelte es sich um eine Aktionsform der extremen Rechten, die etwas mehr als ein Jahr in ganz Deutschland durch verschiedene Gruppierungen genutzt wurde. Erstmals marschierten Neonazis am 1. Mai 2011 durch das sächsische Bautzen. Danach wurde die Aktion rund 20 Mal in ganz Deutschland wiederholt. In erster Linie waren vor allem die Videos wichtig, die von den Aufmärschen der weiß maskierten Rechtsextremen gedreht wurden. So fanden die Aktion und die rassistischen Botschaften Tausende Zuschauer im Internet. 1
1 Felix M. Steiner im Interview mit NDR.de

Bei einem Spiegel-TV-Beitrag zu der Situation in Bückeburg, interviewten die Macher*innen auch Marcus Winter, der in dem Beitrag behauptete, „nicht mehr politisch aktiv zu sein“, was er auch noch zusätzlich unterstrich, in dem er sich wenige Tage später an das Mindener Tageblatt, die örtliche Zeitung wandte. Diese behauptete und verwies dabei auf ein Schreiben Winters, dass er sich aus der Politik zurückziehe und „zukünftig nicht mehr der Namensgeber, Ideengeber oder geistige Brandstifter für Personen, Gruppen oder Parteien gleich welcher politischer Strömung sein werde“. Das Interview mit dem Spiegel-TV Team kam auch erst beim zweiten Versuch zu Stande, da Winter beim ersten Anlauf durch Krawall und Tritte auf sich aufmerksam gemacht haben soll, sodass beim zweiten Versuch die Polizei im Hintergrund präsent war, während er zu seiner Rolle in der Szene eher ausweichend geantwortet habe. Das Mindener Tageblatt berichtet dann, dass „er sich, wie ein hämisches Lächeln verriet, in der Rolle eines Inspirators junger rechter Schläger in Bückeburg gefallen zu schien.“ 38

Seine Aussagen gegenüber Spiegel-TV und dem MT stellten sich im Laufe des Jahres als glatte Lüge heraus, was Beobachter*innen der Szene sofort vermutet hatten. Bei dem nach dem Trauermarsch in Bad Nenndorf im Sommer angekündigten Weihnachtsaufmarsch der Nazis in Bielefeld am 24.12.2011 trat Winter mit Sonnenbrille und Weihnachtsmütze ganz vorne auf.

Marcus Winter bei dem beschriebenen Aufmarsch 2011
Marcus Winter bei dem beschriebenen Aufmarsch 2011

Trotz verschiedener Demonstrationen und anderer Infoaktionen zu den Umtrieben der Nazis in den Regionen Schaumburg und Hannover (explizit in Bückeburg) wurde die Situation in der Öffentlichkeit immer wieder auf einen Konflikt zwischen rivalisierenden Jugendbanden heruntergespielt und damit entweder entpolitisiert oder durch Stellungnahmen der Polizei auf die Extremismus-Theorie-Schiene heruntergebrochen. Oft wurde auch behauptet, dass es in Schaumburg oder Bückeburg selbst nur wenig Nazis gab, aber viele aus dem Umfeld anreisten und in Bückeburg randalierten. Dies war in Schaumburg ja schon, ein seit Jahren bekanntes Verhalten der Polizei und überraschte demnach nicht. Es war aber erstaunlich, dass sich diese Möglichkeit zur Diffamierung der antifaschistischen Jugendlichen und ihrer Arbeit so lange hielt, obwohl überregionale Medien, wie der Störungsmelder von ZEIT ONLINE, die Lotta und das Antifaschistische Infoblatt, sowie auch das Format Panorama,  die TAZ, Spiegel-TV und andere Meiden über die Verhältnisse in Bückeburg berichteten.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der im November aufgedeckten Taten der rechtsterroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) war dies wirklich erschreckend. Besonders als schon nach wenigen Tagen nach den Enthüllungen des NSU bekannt wurde, dass es auch eine Verstrickung in die Region Schaumburg gab:

„Bereits am 13. November wurde der 37jährige Holger Gerlach aus Lauenau verhaftet. Er gilt als logistischer Unterstützer der NSU, ist womöglich gar ein viertes Mitglied der Gruppe. Auch er geriet erst nach dem Ende der so genannten „Zwickauer Zelle“ ins Visier der Fahnder. Dabei stammte auch er ursprünglich aus Jena, hatte dort Kontakt zu Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, die damals unter Beobachtung des Verfassungsschutzes standen. Seit Anfang des neuen Jahrtausends lebte Gerlach in Hannover, 2008 zog er nach Lauenau. Auch in seiner neuen Heimat war er in der neonazistischen Szene aktiv[….]
Über Verbindungen Gerlachs zur Schaumburger Naziszene ist derzeit nicht viel bekannt. Allerdings ist auch die hiesige Szene seit Jahren gut organisiert und war auf Grund diverser Verbrechen selbst mehrmals Thema in bundesweiten Medien. Besonders in den letzten 10 Jahren, dem Zeitraum also, in der auch die NSU aktiv war, ist die Schaumburger Szene besonders umtriebig gewesen.“ 39

Naziszene weiter im Wandel

Im Jahr 2012 taucht im Internet eine neue Webpräsenz auf: „Infoportal Bückeburg“. Auf der Straße wurde allerdings schnell klar, dass es sich immer noch um die alten Nazis, in neuem Gewand handelte. Hervorgegangen war diese Gruppe aus den „Autonomen Nationalisten Bückeburg“ und den „Autonomen Nationalisten Wunstorf“. Nachdem der Druck in der Öffentlichkeit und durch Prozesse gegen Nazis in Wunstorf und der Region Hannover immer größer geworden ist, haben sich die Nazis aus dem Zusammenschluss der FKHU (schon 2011) und auch einzelne Vertreter der ANW aus der Szene zurückgezogen. Christian Warnecke aus Wunstorf verkündete am Rande eines Gerichtsprozesses, „dass er die Zukunft der Szene nicht mehr in Wunstorf sondern eher in Schaumburg sehe“ und zog dann in eine Nazi-WG seiner Kameraden der ANB nach Obernkirchen. Ganz unrecht hatte er zunächst sicherlich nicht, so hat sich nach seinem Wegzug spätestens 2012 die Szene in Wunstorf völlig zurückgezogen. Die Szene in Bückeburg, die nun als „Infoportal Bückeburg“ auftrat, erlebte noch ein weiteres Hoch. Wenngleich es auch um den Zusammenschluss WeNo immer leiser wurde, was Marcus Winter sicherlich gut in den Kram passte nach seinen Aussagen im vorherigen Jahr und um eher im Hintergrund und konspirativ die Vorbereitung von Konzert- und Rechtsrockveranstaltungen voranzutreiben. Noch einen großen Auftritt hatten die Kameraden von WeNo, als sie im März 2012 gemeinsam mit dem Infoportal Bückeburg in Bückeburg und Minden einen Aktionstag für die inhaftierten Kameraden der „AG Mittelrhein“, zu denen sie stets gute Kontakte hatten, veranstalteten, bei der sie (in alter Tradition- es gab schon eine solche Aktion von Winter 2006 in Gütersloh) in Sträflingskleidung und Flyer verteilend durch die beiden Kleinstädte liefen und ein Video davon Bilder und Videos veröffentlichten.

Um die Nazi-WG in Obernkirchen, in der mit Christian Warnecke und Haug Ole Schubert, eines der Ziehkinder von Marcus Winter (sowie gerüchteweise auch Dan Bittner) drei große Anführer der jungen Neonaziszene wohnten, gab es viel Trouble. Es gibt Fotos von der Immobilie auf deren Dachterrasse nicht nur für einen Tag eine schwarz-weiß-rote Fahne wehte und darunter die tätowierten Anführer der Szene und ihr Umfeld auf dem Sofa lagen und sich der Öffentlichkeit zur Show stellten. Generell wurde es nicht ruhiger. Weiter wurde an den Schulen rekrutiert und es gab viele Propaganda-Aktionen in der ganzen Region. Auch die An- und Übergriffswellen auf Antifaschist*innen und alternative Jugendliche wurden nicht weniger. Zusätzlich wurde nun auch noch massiv gegen die Presse, die sich – zumindest überregional immer mehr für diese junge und aktive Nazigruppe – interessierte, gehetzt.

Haug Ole Schubert
Haug Ole Schubert

Gemeinsam mit den Nazis aus Hannover (BH) und einer Gruppe Nazis, die sich gerade in Hildesheim neu zusammenfand, starteten sie mehrere Aktionen. So beteiligten sie sich an den “Anti-ACTA“- Aktionen in Hameln, Hildesheim und Hannover. In Hannover twitterten sie sogar Bilder aus der Gefangenen Sammelstelle, nachdem der Anti-ACTA-Protest dort von der Polizei beendet und die Teilnehmenden festgesetzt wurden.

Neben Christian Warnecke aus Wunstorf war im Laufe des Jahres auch der alte Bekannte und überregional bedeutende Nazikader Daniel Bake aus Ahlen wieder ins Schaumburger Land gezogen. Beide unterstützten die hiesige Szene auf ihre Weise. Daniel Bake gründete mit seiner neuen Lebensgefährtin einen Stützpunkt des „Nationalen Sanitätsdienst“ und unterstütze damit nicht nur den Trauermarsch in Bad Nenndorf sondern auch überregionale Naziaufmärsche.

Seit 2011 hatte sich in Schaumburg eine immer größere Gegenwehr gegen die Nazis gebildet:
„Erst als sich ein antifaschistischer Selbstschutz organisierte, der den Neonazis auch auf der Straße Paroli bot, wandelten sich die Verhältnisse. Die Intervention der Antifa-Zusammenhänge sorgte für mehr Sicherheit und Bewegungsfreiheit für alternative Jugendliche in Bückeburg, gleichzeitig erregten die Auseinandersetzungen mediales und polizeiliches Interesse. Wurde in den Vorjahren Neonazigewalt durch Stadtverwaltung und Polizei eher verharmlost und ein akutes Problem geleugnet, so konnte dies durch das nun überregionale Interesse nicht mehr verschwiegen werden.

Die unter Druck geratene Stadt und ihre rechtlichen Organe sahen plötzlich den bürgerlichen Ruf ihrer Residenzstadt gefährdet. Als Neonazihochburg sollte Bückeburg nicht wahrgenommen werden und Bürger_innen und Tourist_innen sollten sich sicher fühlen.

Die Lösungsstrategie der Stadt war es dann, die notwendige Opposition gegen die Neonazis als Rechts-Links-Konflikt darzustellen. Die Neonazis waren somit nicht mehr Ursache der „Bückeburger Verhältnisse“ und die Eskalation konnte ihren Opfern angelastet werden. Polizei und Justiz formierten sich unter der Extremismustheorie und überzogen die progressiven Jugendlichen mit grotesker Repression, während die Neonazis als vermeintliche Aussteiger und unpolitische Mitläufer verharmlost wurden.

Im Juni 2012 wurden Schüler_innen der Herderschule in Bückeburg, der von ihrer Politiklehrerin angeforderte Polizeischutz verwehrt. Etwa 20 Neonazis, vermummt mit weißen Masken, störten daraufhin eine Aktion bei der faschistische Propaganda mit antirassistischen Slogans übermalt wurde. Schüler_innen und Lehrerin wurden dabei bedroht und gefilmt.

Nach Anfragen der Presse zur Bedrohungssituation erschien folgendes Statement der Polizei in der Schaumburger Zeitung: „Überhaupt ist Kommissariatsleiter Werner Steding der Meinung, dass diese denkbar harmlosen Botschaften nicht zur Deeskalation der Lage beitragen, da dadurch neue Angriffe aus der rechten Szene provoziert werden. Auch den Straftatbestand der Einschüchterungsversuche sieht Steding nicht gegeben. Der Neonazi-Auftritt sei als eine spontane Demonstration auf öffentlichem Grund zu bewerten. Einen Verstoß gegen das Vermummungsgesetz will er ebenfalls nicht feststellen können, da „Maskerade“ bei „friedlichem Protest“ toleriert werde. Ein Beispiel dafür seien die Aktionen gegen den Castor-Transport.“   40 

Das ist ein gutes Beispiel für die Praxis der Polizei in Bückeburg, volksverhetzende antisemitische Sprühereien nur halbherzig zu verfolgen. Die wenigen Verfahren werden durch die Staatsanwaltschaft meist mit der Begründung eines zu hohen polizeilichen Ermittlungsaufwands die Täter überhaupt festzustellen, eingestellt.

In Osnabrück kommt es im September zu einem Prozess vor der 6. Strafkammer des Landgerichts gegen 4 Männer und eine Frau aus Ostwestfalen: „Angeklagt worden waren sie mit dem Vorwurf des versuchten Totschlags und der gefährlicher Körperverletzung, begangen am 1. August 2010 am Rande einer Benefiz-Konzertveranstaltung in Markendorf (Landkreis Osnabrück). Unter den Angeklagten befand sich auch der einschlägig vorbestrafte Neonazikader Marcus Winter aus Minden. Die Lokalpresse zitiert die Vertreterin der Nebenklage mit den Worten: „Der Rechtsstaat hat gesiegt, aber die Wahrheit blieb auf der Strecke.“ 41 Die Neue Osnabrücker Zeitung Online schreibt dazu:

„An insgesamt sieben Verhandlungstagen versucht die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Osnabrück im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins Dunkel der Ereignisse in der Nacht des 1. August 2010 auf der “Elseparty” am “Grünen See” in Markendorf zu bringen. Am Ende gab es mehr Fragen als Antworten. Die Anklage wurde vom Staatsanwalt kaum verständlich, leise und schnell runtergerattert, das vorhandene Mikrofon blieb ungenutzt. Aus dem Pressetext des Landgerichts und dem verständlichen Teil der Anklage ergibt sich der folgende Tatvorwurf: Nach einer verbalen Provokation soll die 25-jährige Angeklagte Tina R. dem 32-jährigen “Tommi” aus Lingen in der Tatnacht mit dem Fuß ins Gesicht getreten haben. Als dieser dann zu Boden ging, sollen sowohl Tina R. wie auch ihr 41-jähriger Mann Michael R. (Spitzname: Niete) das Opfer weiter getreten haben. Als Zeugen eingriffen, soll es zu einer Unterbrechung der Tätlichkeiten gekommen sein. Der zweite Teil der körperlichen Auseinandersetzung soll sich auf dem Parkplatz oberhalb des “Grünen Sees” abgespielt haben. Gemeinsam mit den weiteren Angeklagten, Kevin R. (25) und Benjamin D. (32), solle es nach der Ansage “Jungs, jetzt gibt’s was aufs Maul” Schläge und Tritte gegen zwei weitere Männer und auch Tommi aus Lingen gegeben haben. Fest steht, das ergab sich aus der Zeugenaussage eines Neurochirurgen vom Marienhospital Osnabrück, dass Tommi Blutungen im Gehirn davontrug, die “potenziell lebensgefährlich” waren. Er erlitt zusätzlich zwei Rippenbrüche. Vier der Angeklagten machten zum Tatvorwurf keine Aussagen, der fünfte, Marcus W. (33) stellte nur fest: „Ich weiß nicht, warum ich hier sitze.“ 42

Obwohl es in Wunstorf nach dem Wegzug von Christian Warnecke immer ruhiger wurde, gab es für die Nutzer*innen der Wohnwelt keine Ruhe. Im Mai kam es zu einem Übergriff auf das Kulturzentrum durch Bremer Nazihooligans. So waren Anhänger von „Standarte Bremen“ und „Nordsturm Brema“ mit der Bahn auf der Rückreise von Essen nach Bremen. „Koordiniert und brutal“, so beschreiben Betroffene den Angriff von rechten Hooligans auf eine Elektro-Party am vergangenen Samstag. Nach 23 Uhr waren die Hooligans aus Bremen in das Jugendzentrum „Wohnwelt“ in Wunstorf bei Hannover eingedrungen und hatten unter anderem mit Teleskopschlagstöcken und Ketten auf die Gäste eingeschlagen. „Zehn Personen wurden verletzt, zwei so schwer, dass sie ins Krankenhaus gebracht werden mussten“, sagt ein Sprecher des Trägervereins „Lebenstraum“ […] Am Bahnhof Wunstorf bei Hannover hätten die militanten Fußballfans auf einen Anschlusszug warten müssen und seien auf die Party aufmerksam geworden, sagt eine Pressesprecherin der Polizei. Die „Wohnwelt“ liege gleich gegenüber dem Bahnhof. Der Verein sieht es anders: Mitnichten hätten „gelangweilte Fußballfans auf der Durchreise“ den Angriff verübt. Über eine Stunde hätte die rund 20 Hooligans am Bahnhof verbracht und keinen der fahrenden Züge genutzt. Um 22.20 Uhr hätten dann zwei Männer mittleren Alters mit Poloshirts der „Standarte“ ganz selbstbewusst den Thekenraum der Wohnwelt betreten, wo an die 180 meist jugendliche Gäste feierten. Gäste wollen auf der Haut der Männer Tattoos mit SS-Runen gesehen haben. Die zwei bestellten Getränke und blieben zehn Minuten. „Wir haben uns freundlich verhalten, damit die Situation nicht eskaliert“, sagt ein Sprecher des Vereins. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wären die zwei wieder zu ihrer Gruppe gestoßen. Eine dreiviertel Stunde später hätte dann jemand aus der Gruppe – ohne Vorwarnung – einem Gast, der zur Party wollte, frontal ins Gesicht geschlagen. Der Geschlagene ging zur Wohnwelt hinüber, worauf an die sieben Hooligans mit Gewalt in den Eingangsbereich eindrangen und weibliche wie männliche Gäste brutal angriffen. Die weiteren Hooligans folgten. „Wo ist die Antifa?“, sollen die Angreifer gerufen und eindeutig rechte Parolen skandiert haben. Gäste wurden gejagt, ein Gast am Boden liegend zusammengetreten. Ebenso koordiniert wie der Angriff auf die Wohnwelt sei der Abzug zum Bahnhof verlaufen, sagt der Sprecher des Vereins.“ 43

Die lokale Presse sprach wenige Tage später von einem unpolitischen Angriff, da sie die Angreifer zwar der Fußballszene zurechnete, aber keinen Rückschluss über die Verknüpfung der Bremer Fußballfans in die Naziszene und zu der Band KC zog. In der überregionalen Presse wurde das Thema noch einmal aufgegriffen und klargestellt, dass es sich keineswegs um einen unpolitischen Angriff gehandelt hat, bei dem Rahmen der Herkunft der Hooligan-Gruppe.

Der Repressionsdruck steigt

Seit Beginn des Jahres 2013 kam es in Schaumburg und Bückeburg nun regelmäßig zu Prozessen gegen die Neonazis, was bis dahin fast gar nicht der Fall war. Trotzdem traten die Nazis noch offen auf der Straße auf, es kam immer wieder zu An- und Übergriffen, auch Winter mischte sich wieder in die Bedrohungen ein und organisierte auch wieder ein KC-Konzert in der Region zum Ende des Jahres. Nachdem mehrere Konzerte der Band verhindert werden konnten, da sie auf der Internetseite beworben waren, schrieb die Band, dass sie diese von nun an nur noch konspirativ in bestimmten Kreisen bewerben werde. Bei dem Konzert in Ostwestfalen wurde dann als zentraler Kontakt eine Emailadresse von Marcus Winter genannt.

Auch Propaganda-Aktionen blieben in Bückeburg nicht aus, so fand z. B. eine einzelne Aktion der JN am 8. Mai in Schaumburg statt – die hiesigen Nazis reinigten in JN-Shirts ein Kriegsdenkmal und stellten ein Video ihrer Aktion ins Internet.

Es zeigte sich nach und nach, dass die Gruppe der Nazis aus Bückeburg und auch der überregionale Zusammenhang nicht ganz so homogen war, wie zunächst angenommen. Zwar traten die Nazis bis 2013 gemeinsam auf, wenn es darum ging, politische Gegner einzuschüchtern oder anzugreifen, doch inhaltlich dividierten sich die Zusammenhänge auseinander. So schien es, dass ein Teil der Szene eher weiter als Straßenschläger unterwegs war und sich inhaltlich kaum noch zu Wort meldete, aber ein anderer Teil der Gruppe auf der Internetseite begann eher völkische Inhalte zu verbreiten und sich intellektueller zu geben.

Im Laufe des Jahres wurde in Bückeburg die Repressionsschiene noch einmal deutlich angezogen, so wurde aufgrund der vielen An- und Übergriffe „unter Jugendbanden“ eine Soko gegründet, die vermehrt im Stadtbild unterwegs sein sollte, um diese Auseinandersetzungen zu unterbinden und gegen die Akteure vorzugehen: „Seit Sommer 2013 patrouilliert die örtliche Polizei unterstützt durch Züge der Einsatzhundertschaft Hannover am Wochenende intensiv durch Bückeburg. Ziel ist es, staatliches Engagement zu zeigen und Ansammlungen von vermeintlichen „Extremisten“ aufzulösen. Doch vor allem bei linken Jugendlichen werden wiederholt die Personalien festgestellt und gesammelt, sie werden durchsucht und Anhaltspunkte für eine Kriminalisierung gesucht. Dabei kommt es immer wieder zu Provokationen durch die Polizei.“ 44

Zusätzlich wurde durch die Stadt Bückeburg ein Streetworker angestellt, der Kontakt zu den Jugendlichen in Bückeburg aufnehmen und inhaltlich mit ihnen arbeiten sollte. Der Akzeptanz von alternativer, politischer, teils sogar antifaschistischer Arbeit in Bückeburg ist damit deutlich vergrößert worden.

Neben den schon bekannten Akteuren der Nazis in Schaumburg fanden sich im Umfeld der Szene seit 2014 immer wieder neue Gesichter. Diese traten eher völkisch auf, was gut in die Entwicklung, die sich schon im Jahr zuvor in Schaumburg abzeichnete, passte. Die Szene schien sich immer weiter zu differenzieren. Ein Teil der Szene, sowohl ein Teil der jüngeren Neonazis aus Bückeburg, als auch schon altbekannte Akteure wendeten sich der „Road Crew OWL“ zu, die 2014 eine neue Immobilie in Detmold Lage erwerben konnte, welche dann auch an der „HOGESA“-Demo in Köln im Oktober teilgenommen hatten.

[VI] Exkurs Road Crew OWL      
„Das Chapter OWL (Ostwestfalen) und seine Verbindungen. Nach der Gründung der „Road Crew Düsseldorf“ folgten weitere Chapter, u. a. auch das Chapter OWL. Als ehemaliger Fanclub der inzwischen inaktiven Rechtsrock-Band „Barking Dogs“ versammeln sich insbesondere im ostwestfälischen Chapter aktive Neonazis und alternde Männer aus dem Bereich rechter Subkultur. Sie organisieren eine Gemeinschaft, welche durch Konzerte mit Rechtsrock-Bands, Fußballturniere und weitere Feiern gestärkt wird. Das ehemalige Bahnhofsgebäude wurde regelmäßig für Konzerte, Treffen und Feiern von den Neonazis genutzt und war damit ein wichtiger Bestandteil der ostwestfälischen Neonazi-Struktur.

In der „Road Crew“ befinden sich  organisierte Neonazis. Sie treten als Teilnehmer bei Neonazi Aufmärschen auf, spielen in Rechtsrock-Bands oder arbeiten in Tattoo-Studios, die ebenfalls als Anlaufstelle für Neonazis dienen. Überregional fungiert die „Road Crew“ als Struktur zur Organisation von Rechtsrock-Konzerten. Ob in der Vergangenheit in den Räumlichkeiten in Ehlenbruch, oder in angemieteten Veranstaltungsräumen. Es werden Kontakte zu einer Vielzahl von neonazistischen Bands gepflegt. Auf den Konzerten kommt es zu einem Zusammentreffen von  organisiertem Neonazismus, wie Kameradschaften und Partei-Funktionären (z. B. NPD, Der III. Weg), sowie extrem rechter Jugendkultur.““ 1
Die Road Crew hatte seit mindestens 2007 ein Clubhaus in Lage-Billinghausen angemietete, von 2007 bis 2012 führten sie dort Rechtsrockkonzerte durch, auch andere Veranstaltungen fanden dort statt. Seit 2012 konnten sie dann das Clubhaus der „Freeway Rider MC“ in Lage-Kachtenhausen mitnutzen, wo wieder viele Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden konnten. 2014 konnte die Road Crew den ehemaligen Bahnhof Ehlenbruch in Lage-Kachtenhausen dann erwerben und es gab weiter viele Veranstaltungen u. a. von Neonazis unter Beobachtung von Polizei und Staatsschutz dort. 2015 gibt es dann noch eine Abschiedsfeier und dann im August folgt der Auszug aus der Immobilie, die der Stadt verkauft wurde. Damit verliert sich die Spur der Road Crew.         2
1:http://initiative-gegen-rc-owl.de/die-road-crew/

Ein anderer Teil der Nazis fiel immer mehr vor allem durch völkische Inhalte auf den einzelnen Profilen der Akteure in den Sozialen Medien auf. Die An- und Übergriffe in Bückeburg wurden weniger, sicherlich nicht zuletzt auch durch die Präsenz der Polizei, aber auch durch die wachsende Repression, die durch die Prozesse auch gegen die Nazis eingesetzt hatte. Trotzdem kamen noch neue Nazis nach Bückeburg. So zog Robert Mallcoci aus dem Rheinland nach Bückeburg und er und seine damalige Freundin Marlena Bornemann, die vorher ein Kopf der Frauengruppe der Nazis in Bückeburg gewesen war besuchten z. B. die „Demo für Alle“ Ende 2014 in Hannover und verteilten gemeinsam mit Akteuren der „Identitäten Bewegung“ aus der Region Hannover Flyer für eben diese Bewegung, was auch in die eher völkischen Inhalte passte.

Marcus Winter hatte damals weiterhin gute Kontakte zu den Personen aus dem Road Crew-Umfeld und mobilisierte alte Skinheads aus der Region wieder aktiver zu werden, die schon vor 10-15 Jahren einen Skinheadstammtisch in Minden organisiert haben sollen, genauso aus dem ehemaligen B&H-Umfeld. Einer der Skinheads feierte sogar seine Hochzeit am Road Crew Haus und Bilder, die dabei entstanden, wurden genutzt, um Drohungen gegen die Linke Szene in der Region auszusprechen.

Im Oktober 2014 wurde nach Angaben auf der Internetseite der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ (III. Weg) bekannt gegeben, dass sich der „Stützpunkt Hermannsland“ gegründet hat. Dieser Stützpunkt soll demnach das Gebiet im Raum Bielefeld, Paderborn und Teutoburger Wald umfassen. Mit bei der Gründung soll auch der langjährig bekannte und regelmäßige Besucher des Road Crew Hauses Peter Hallmann gewesen sein. Eigenen Angaben zufolge wurde der “Stützpunkt Hermannsland” um den Neonazi Peter Hallmann aus Leopoldshöhe der Partei “Der III. Weg”, der demnach “das Gebiet im Raum Bielefeld, Paderborn, Teutoburger Wald” umfassen soll, am 3. Oktober 2014 am Kaiser-Wilhelm-Denkmal bei Porta Westfalica gegründet. Schon im November gab es dann ein Heldengedenken im Hermannsland von diesem Stützpunkt des III. Wegs am Schlageter-Denkmal auf dem Jakobsberg bei Porta Westfalica und im Dezember gab es dann in Porta eine großflächige Flyeraktion mit rassistischen Flugblättern zum Thema der „Asylantenwelle und Verausländerung unser Heimat“.

Peter Hallmann
Peter Hallmann

VII Exkurs III. Weg
Der III. Weg (auch: Der Dritte Weg) ist eine rechtsextremistisch-neonazistische Kleinpartei in Deutschland. Sie wurde am 28. September 2013 unter maßgeblicher Beteiligung ehemaliger NPD-Funktionäre und Aktivisten des im Juli 2014 verbotenen Freien Netzes Süd (FNS) gegründet. Sie gilt als Versuch, das FNS unter dem Schutz des Parteienprivilegs weiterzuführen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen deutlichen Einfluss von Neonazis in der Partei festgestellt.
1 Wikipedia-Artikel zum III. Weg: de.wikipedia.org/wiki/Der_III._Weg

 

In Stadthagen scheiterte der Versuch eine HOGESA-Gruppe zu gründen direkt wieder, diesen Versuch startete der altbekannte Marc Jekat aus Barsinghausen.

Gleich zu Beginn des Jahres 2015 gab es in Hannover eine erste „HAGIDA“-Demo als Abklatsch der PEGIDA-Bewegung in Dresden, auch daran nahmen einige der Schaumburger Nazis teil, u. a. Robert Malcocci und Marlena Bornemann.

Robert Malcoci am 24.11.2012 in Remagen
Robert Malcoci am 24.11.2012 in Remagen

Ansonsten wurde es ab 2015 immer ruhiger in Bückeburg und Schaumburg an sich, bzw. die Schwerpunkte der Nazis verlagerten sich von Bückeburg nach Porta-Hausberge, wo sich eine neue Nazi-WG gegründet hatte. Dies war wohl der Schwerpunkt der Nazis rund um den „III. Weg“-Stützpunkt. Dort fand im Sommer eine Vortragsveranstaltung statt wie auf der Seite der Gruppe nachzulesen war: „über die Hintergründe und Fakten der alliierten Besatzungspolitik in den Nachkriegsjahren“, auch ein „Referent des Gedenkbündnis Bad Nenndorf veranschaulichte den aufmerksamen Zuhörern anhand vieler grausamer Fallbeispiele die heute so verklärte “Befreiung” der Besatzungsmächte. Neben den Hintergründen über das alliierte Folterlager im ehemals “verbotenen Dorf” wurden auch die Tatorte alliierter Verbrechen in Hameln, Schwäbisch Hall und Nürnberg näher beleuchtet“ 45

Dabei bewarb er deutlich den Trauermarsch am 1. August 2015, wie man auf der Seite des III. Wegs nachlesen kann. Im Dezember wurden dann in der WG in Hausberge die Wintersonnenwende und das Julfest gefeiert, das zeigte, dass die vornehmlich jungen Anhänger des III. Wegs im „Hermannsland“ sich immer völkischer äußerten. In der Nähe der Nazi-WG in Hausberge kam es beim Stadtfest im September zu einem Angriff auf alternative Jugendliche, laut Zeugen sollen auch alte Bekannte aus Bückeburg, sowie auch Nazis aus dem Umfeld der Road Crew u. a. sogar Marcus Winter selbst und auch Akteure vom III. Weg unter den Angreifern gewesen sein. Es sollen Backsteine und Biergläser auf die Jugendlichen geflogen sein. Täter konnten dennoch nie ermittelt werden. So verwundert es auch kaum noch, dass es auch zu Übergriffen auf die Asylunterkünfte in Porta kam.

Einer der bekannten Jungnazis aus Bückeburg, Haug Ole Schubert wandte sich seit 2015 vor allem der Fußballszene in Bielefeld zu, dort wurde er im Laufe der Zeit ein festes Mitglied der Gruppe „Venomous Generation“ (VG).

Ende 2015 gab es dann ganz neue Schlagzeilen in Schaumburg, die Reichsbürgerbewegung sorgte für eine größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit: „Der ländlich abgelegene Ortsteil Rinteln-Goldbeck bleibt vorerst Heimat der rechtsextremen „Justizopferhilfe“. Anfang Oktober waren die Reichsideologen aus ihrer „Botschaft Germanitien“ im Zentrum von Löhne aus- und in Goldbeck eingezogen. Seitdem gilt ein Einfamilienhaus in Goldbeck als Briefkastenadresse der führenden „Germanitien“. Gestern kam auch diese Immobilie in Rinteln unter den Hammer. Ein Bieter fand sich allerdings nicht.“2016 wird dann „Germanitien“ zum Königreich: „König ohne Krone, ohne Ländereien, ohne Anerkennung: Stefan R. hat es bei seiner Krönung vor dem Hermannsdenkmal nicht einfach. Der Hofstaat besteht nur aus einem kleinen Häuflein Getreuen, um sie herum genießen Touristen und Wanderer lieber das gute Wetter. Keiner von ihnen jubelt dem frischgebackenen Monarchen zu – und dann versagt im entscheidenden Moment auch noch der Stempel. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz: Der Scheinstaat Germanitien ist nun offenbar eine Monarchie. Und Stefan I. sieht sich als ihr Monarch. Das Amateur-Video von dem bizarren Auftritt dümpelt seit einem Monat durch die sozialen Netzwerke. Was für die meisten Menschen wie eine Schmierenkomödie wirkt, ist den Reichsbürgern des Scheinstaates, der seit einem Jahr eine „Botschaft“ in Goldbeck unterhält, bitterer Ernst.“ – so berichten die Schaumburger Nachrichten am 16.09.2016. 46

Rückzug in die Hinterzimmer?

In den letzten Jahren wurde es in Schaumburg immer ruhiger, obwohl die einzelnen Akteure der Neonazis immer noch in der Region wohnten. 2016 sind noch einmal großflächig Flyer in Rinteln für die HAGIDA in Hannover verteilt worden. Ansonsten ließen die großen, öffentlichkeitswirksamen Aktionen immer mehr nach und auch auf der Straße war von den Neonazis nicht mehr viel zu sehen. Generell stand dies sicher auch im Zusammenhang damit, dass es insgesamt weniger Demos von den Nazis in der Region und auch bundesweit gab. Trotzdem tauchen einzelne Nazis aus Schaumburg auf verschiedenen Veranstaltungen auf. So war Marcus Winter z. B. 2017 auf einer Demo in Dortmund zugegen und der ehemalige Stadthäger Dan Bittner wird regelmäßig auf Veranstaltungen von „Die Rechte OWL“ in Dortmund aber z. B. auch auf deren Bustour in Gütersloh gesehen. Auch der zugezogene Robert Malcocci hat 2017 Schaumburg wieder verlassen um in Aachen die örtlichen Strukturen der „Identitären Bewegung“ aufzubauen.

Der Stützpunkt Herrmannsland veröffentlichte noch Berichte über einige Aktionen des III. Wegs in der Region, z. B. über die Reinigung und Pflege von „den Gräbern und Ehrenmalen derer, die Ihr Leben für Volk und Heimat gaben“. Auch berichteten sie einmal über den gemeinsamen Besuch des Herrmansdenkmals zusammen mit dem Stützpunkt Sauerland. Im Jahr 2017 wurden im ostwestfälischen Bünde vermehrt Aktivitäten des Stützpunkts Herrmannsland bemerkt, immer wieder fanden sich hunderte Aufkleber im Stadtbild. Im September 2017 gab es dann eine Störaktion gegen die Wahlkampfveranstaltung der CDU durch den Stützpunkt Hermannsland – die selbst von einer Aktion „gegen die volksfeindliche Politik der Etablierten“ sprechen.

Obwohl in Wunstorf keine Aktivitäten von Neonazis mehr auffgefallen waren, wird 2017 bekannt, dass das ehemalige Mitglied der ANW und des Widerstand Wunstorf Johannes Cyroll nun im Umfeld des Brigade Nord Nachfolgers „Nordic 12“ in einem Hannoverschen oder Niedersächsischen Ableger mit dem Namen „Sturm 4“ aktiv ist und an bundesweiten Treffen dieser Szene teilnimmt.

Johannes Cyrol
Johannes Cyrol

Über das Treiben von Marcus Winter und den damals in Bielefeld bei VG organisierten Neonazis Haug Ole Schubert, sowie andere Jungnazis aus der Region Schaumburg wurde in den Jahren 2016 und 2017 bekannt, dass diese im Umfeld der Organisation des rechten Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“(KdN) mitmischten oder selbst bei den Wettkämpfen kämpften. Fotos beweisen die Teilnahme vieler Schaumburger und Ostwestfäler Neonazis bei den Wettkämpfen 2016 und 2017, auch Marcus Winter war 2016 selbst in den Ring gestiegen und hat gegen Denis „Nikitin“ Kapustin, den maßgeblichen Drahtzieher dieser Events gekämpft. Der KdNwird seit 2013 jährlich an geheimen Orten durchgeführt, zuletzt in Nordrhein-Westfalen oder Nordhessen und unter anderem von Dortmunder Neonazis organisiert. Das Event ist ein wichtiger Kontakthof, die Anwesenden verstehen sich als Elite. Sie schaffen Verbindungen zwischen Hools und Nazis über eine Eventkultur für Leute, die sich als Herrenrasse sehen.[…]Beim “Kampf der Nibelungen” treten trainierte Kampfsportler an, für die Gesundheit einen völkischen Wert hat.“ 47 

Marcus Winter und Dennis"Nikitin" Kapustin beim KdN 2016
Marcus Winter und Dennis „Nikitin“ Kapustin beim KdN 2016

Seit Ende des Jahres 2017 und zu Beginn des Jahres 2018 waren in Bückeburg wieder Naziaktivitäten zu bemerken. So kam es wieder zu Schmierereien in der Stadt,vor allem am Gymnasium. Obwohl dort eindeutig rechte bzw. nationalsozialistische und teils verbotene Symbole an die Wänden geschmiert wurden, wurde in der lokalen Presse abermals wieder nur von Schmierereien am Gymnasium berichtet – der Inhalt wurde verschwiegen. Nicht nur in den Jahren des Dritten Reiches, sondern auch insgesamt ist das in Schaumburg in den letzten knapp 20 Jahren wurde nicht zuletzt durch solche Leugnungen und ein untätiges Zusehen der Behörden und Zivilgesellschaft der Naziszene ein Weg geebnet sich auszuweiten und ihre Ideologien zu verbreiten.

In Nienburg war es schon vor über vier Jahren zur Bildung einer völlig neuen Naziszene rund um den Aktivisten Christopher Siedler gekommen, die kaum oder nur sehr wenige Bezüge zu den Nazis, die um 2006 ihr Unwesen in Nienburg trieben, hatten. Die Gruppierung um ihn herum fiel vor allem durch unüberlegte Aktionen auf und im Vordergrund stand vor allem das militante Auftreten im Internet. Aber auch auf der Straße zeigten sie ihre Aktionen.

Christopher Siedler
Christopher Siedler

Insgesamt zeigt diese Übersicht über die letzten ca. 19 Jahre, dass die Nazis in Schaumburg immer mehr oder weniger gleichmäßig aktiv waren und sich einzelne Akteure im Laufe der Zeit nur in ihren Zusammenhängen und Gruppen und in den Inhalten, mit denen sie sich beschäftigten veränderten. Teile der Szene sind in Persona völlig konstant geblieben und die Personen haben sich in der gesamten Zeit immer wieder den bundesweit aufkeimenden Entwicklungen der überregionalen Naziszene angepasst. Fast alle Entwicklungen, die sich in den letzten knappen 20 Jahren ergeben haben, wurden in Schamburg und drum herum ebenfalls übernommen.

 

Quellen:

1 „Bückeburg – eine Einführung in die Stadtgeschichte“; Gerd Steinwascher; S. 19, Verein Alter Adolfiner, Bückeburg 2002)
2 Schaumburg-Lippische Landes-Zeitung. Ausgabe vom 9. Dezember 2002
3 vgl. „Rechtsdominierte Outfit auf den Dörfern“ – ein Interview mit Antifas aus Schaumburg; AIB; NS-Szene | AIB 55 / 1.2002 | 12.04. 2002)
4 „Pseudoautonom und kriminell“; AIB; NS-Szene | AIB 79 / 2.2008 | 21.06.2008
5 „Pseudoautonom und kriminell“; AIB; NS-Szene | AIB 79 / 2.2008 | 21.06.2008)
6 „Schaumburger Neonazis auf der Flucht“, AIB; NS-Szene | AIB 56 / 2.2002 | April 2002
7 „Pseudoautonom und kriminell“; AIB; NS-Szene | AIB 79 / 2.2008 | 21.06.2008
8 vgl.: „Neonazis und Bürger liefern sich Schlägerei“; Schaumburger Nachrichten, 03.05.2005
9 „Pseudoautonom und kriminell“; AIB; NS-Szene | AIB 79 / 2.2008 | 21.06.2008
10 Zitat Ursula Sapia, Bürgermeister von Rehren im Autetal, März 2006
11 „Pseudoautonom und kriminell“; AIB; NS-Szene | AIB 79 / 2.2008 | 21.06.2008
12 de.indymedia.org/2007/02/168606.shtm
13 de.indymedia.org/2007/02/168606.shtml
14 „Alte Inhalte mit neuen Namen – Die “Nationale Offensive Schaumburg” (NOS)“; Lotta Nr. 29; Winter 2007/2008
15 de.indymedia.org/2007/10/195849.shtml
16 „Alte Inhalte mit neuen Namen – Die “Nationale Offensive Schaumburg” (NOS)“; Lotta Nr. 29; Winter 2007/2008
17 „Tattoos und mehr – über Outlaws, Insider und Modetrends“; NS-Szene | AIB 72 / 3.2006 | 15.09.2006
18 Mindener Tageblatt am 31.12.2007
19 „Alte Inhalte mit neuen Namen – Die “Nationale Offensive Schaumburg” (NOS)“;Lotta Nr. 29; Winter 2007/2008
20http://antifawdl.blogsport.de/2008/01/13/500-gegen-rieger-und-die-npd-in-hameln/
21
„Alte Inhalte mit neuen Namen – Die “Nationale Offensive Schaumburg” (NOS).“; Lotta Nr. 29, Winter 2007/2008
22 hiergeblieben.de Chronologie vom 14. Juli 2008
23 („Autonome Nationalisten – Neonazismus in Bewegung“ –; Jan Schädler und Alexander Heusler, 2010)
24 redok.de:
25 („Autonome Nationalisten – Neonazismus in Bewegung“ –; Jan Schädler und Alexander Heusler, 2010)
26 rk.blogsport.de/2009/03/20/verurteilung…
27 „Tatmotiv: Hass auf Linke“; Störungsmelder von ZEIT ONLINE am 28. November 2010
28 „Die Region ringt mit den Rechtsradikalen“; HAZ am 16.04.2009; Tobias Morchner; www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Ueber
29 „Krawallnazis kommen aus der Region“, HAZ vom 12.05.2009, Tobias Morchner
30 vgl. – Informationsdienst Rechtsextremismus
31 Die Details zu den Übergriffen zwischen 2008 und 2012 finden sich auf der Seite copyandpaste.blogsport.de/chronikin einer detaillierten Chronik
32http://rk.blogsport.de/2010/08/16/nach-aufmarsch-versuchter-naziangriff/
33
(„Milde Urteile für Gewaltdelikte“; Blick nach Rechts; 03.04.2013)
34 de.indymedia.org/2011/07/311660.shtml
35 Details in der Chronik auf: copyandpaste.blogsport.de/chronik/)
36 Chronik: 25.02.2011 auf: http://copyandpaste.blogsport.de/chronik/
37
(http://www.wunstorfer-stadtanzeiger.de/content/artikel.php?a=158207)
38 vgl. NRW rechts außen: https://nrwrex.wordpress.com/2011/11/30/mi-neonazi-mag-nicht-mehr-neonazi-sein-sagt-der-neonazi/
39 antifawdl.blogsport.de/2011/11/16/stell…
40 „Bückeburger Verhältnisse“; Antifa | AIB 103 / 2.2014 | 16.10.2014
41 „Freisprüche im Prozess gegen Marcus Winter und andere“; NRW rechtsaußen, 07. September 2012
42www.noz.de/artikel/104252/elseparty-am-
43 „Hooligans überfallen Partygäste“; taz.de; 21. Mai 2012
44 „Bückeburger Verhältnisse“; Antifa | AIB 103 / 2.2014 | 16.10.2014
45https://der-dritte-weg.info/2015/07/06/vortragsveranstaltung-im-hermannsland/
46(www.sn-online.de/Schaumburg/Rinteln-Aue
47 (Robert Claus in www.spiegel.de/sport/sonst/kampf-der-ni